Hermann Wimmer (Red.): Der Nürnberger Trichter | |
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bekehren; sagt ihnen, daß wir großmüthigst bereit seien, ihnen
für Geld und gute Worte alle Bärte sogleich auf das
glimpflichste und sauberste wieder abzunehmen, es mögen
nun absolute oder konstitutionell-monarchische oder republikanische
Bärte sein. Wahrhaftig, selbst das Parlament sollte
hier ein Einsehen haben, und das erste Grundrecht des
deutschen Volkes sollte sein, daß es sich müßte scheeren lassen.
Wenigstens dürften die Bärte nicht mehr so anarchisch
und schrankenlos herauswachsen, wie’s jetzt so häufig geschieht,
– denn keine wahre Freiheit ohne Einschränkung, –
sondern müßten ihr Gesetz und ihre vorgeschriebene Norm
haben, die auch uns noch etwas zu thun übrig ließe. Damit
wäre sogar noch mancher Vortheil zu verbinden, z. B.
die Republikaner müßten Bärte von der und der Form,
die Konstitutionellen aber von einer andern tragen, da
brauchte man keine Versammlungen zu halten, um einander
kennen zu lernen. So viel ist gewiß, Herr Redaktör,
– und das könnt Ihr dem Volke sagen, – wenn’s nicht
bald anders wird, so greifen wir zu den Waffen, zu den
Rasirmessern nämlich, und scheeren alle und sämmtliche
Bärte mit Gewalt ab.
Bitte, thut’s, wir rasiren Euch auch umsonst.
Arbeiter. Soll ich in dieser Weise mit der Anpflanzung der Allee fortfahren, Herr Kommissär?
Kommissär. Immer so fort! Zuerst eine Pappel, dann eine Akazie, dann eine Fichte, dann einen Apfelbaum. Die Schönheit besteht in der Harmonie des Mannichfaltigen, merk’ er sich das!
Hermann Wimmer (Red.): Der Nürnberger Trichter. Friedrich Campe, Nürnberg 1848, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fr%C3%A4nkische_Bl%C3%A4tter_nebst_dem_Beiblatt_Der_N%C3%BCrnberger_Trichter.djvu/110&oldid=- (Version vom 31.7.2018)