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385 (69.) Ich war in Verlegenheit, wie ich Tiberias dem Zorn der Galiläer entreissen sollte. Leugnen konnte ich nicht, dass die Tiberienser an den König geschrieben und ihn herbeigerufen hatten, denn der eigenhändige Brief, den er an sie gerichtet, bewies das aufs klarste. 386 Als ich geraume Zeit überlegt hatte, sprach ich: „Allerdings haben die Tiberienser unrecht gethan, das weiss ich wohl. Auch will ich euch nicht wehren, die Stadt zu plündern. Doch muss man einen solchen Schritt nur nach reiflicher Überlegung wagen. Denn nicht die Tiberienser allein haben unsere Freiheit verraten, sondern noch viele der angesehensten Männer in Galilaea. 387 Wartet also, bis ich die Schuldigen genau ermittelt habe; dann sollt ihr sie in eure Gewalt bekommen und noch dazu jeden, den ihr selbst ausfindig machen werdet.“ 388 Durch diese Vorstellungen gelang es mir, die Menge zu beschwichtigen: ihre Wut legte sich, und die Leute gingen auseinander. Den Boten des Königs hatte ich mittlerweile einkerkern lassen. Wenige Tage später jedoch schützte ich eine dringende Ursache vor, weshalb ich aus dem Gebiet verreisen müsse. Vor meinem Weggang rief ich nun den Krispos heimlich zu mir und riet ihm, den Mann, der ihn bewachte, betrunken zu machen und dann zum Könige zu entfliehen, indem ich ihm zugleich versprach, ihn nicht verfolgen zu lassen. 389 Krispos traute meinen Worten und entfloh. Durch meine List und Vorsicht entging also Tiberias zum zweitenmal der ihm drohenden Gefahr.

390 (70.) Um diese Zeit ging Justus, der Sohn des Pistos, ohne mein Vorwissen zum Könige über. Den Grund will ich sogleich angeben. 391 Zu Anfang des jüdisch-römischen Krieges hatten die Tiberienser beschlossen, dem Könige treu zu bleiben und von den Römern nicht abzufallen. Justus aber beredete sie damals, die Waffen zu ergreifen, teils aus Neuerungssucht, teils weil er hoffte, die Gewalt über Galilaea und seine Vaterstadt an sich reissen zu können. 392 Doch sein Plan schlug fehl: die Galiläer, welche den Tiberiensern schon lange

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Flavius Josephus: Des Flavius Josephus Selbstbiographie. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1900, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosApionVitaMakkGermanClementz.djvu/67&oldid=- (Version vom 4.8.2020)