zugegen gewesen war. Es kränkte mich tief, dass meine Mitbürger so undankbar sein und aus Neid meine Ermordung anbefehlen sollten; auch empfand ich es schmerzlich, dass mein Vater in seinem Briefe mich inständig bat, zu ihm zu kommen, weil er seinen Sohn zu sehen wünsche, bevor er sterbe. 205 Ich teilte diese Nachricht meinen Freunden mit und erklärte ihnen, dass ich in drei Tagen heimzukehren gedächte. Alle, die es hörten, zeigten sich traurig bewegt und baten mich unter Thränen, sie nicht zu verlassen: denn wenn ich nicht mehr ihr Oberbefehlshaber sei, müssten sie zu Grunde gehen. 206 Als ich aber ihren Bitten gegenüber taub blieb und nur auf meine eigene Rettung bedacht war, schickten die Galiläer, die nach meiner Abreise den Räubern schutzlos preisgegeben zu sein fürchteten, Boten im ganzen Lande umher, um die Kunde von meinem beabsichtigten Weggang zu verbreiten. 207 Haufenweise strömten nun aus allen Orten die Leute samt Weibern und Kindern zusammen, anscheinend nicht so sehr aus Anhänglichkeit an mich, als weil sie für sich selbst fürchteten; denn so lange ich da war, glaubten sie vor allem Ungemach gesichert zu sein. Sie kamen samt und sonders nach Asochis in der grossen Ebene, wo ich mich damals aufhielt.
208 (42.) In jener Nacht hatte ich einen wunderbaren Traum. Als ich mich nämlich, tiefbetrübt und erschüttert wegen der erhaltenen Nachricht, zu Bett gelegt hatte, schien auf einmal jemand vor mir zu stehen und zu sagen: 209 „Tröste dich, du Trauernder, und entschlage dich aller Furcht; denn dasselbe, worüber du dich jetzt betrübst, wird dich gross machen und dir in allen deinen Unternehmungen Glück bringen. Und nicht allein deine gegenwärtige Sendung wirst du durchführen, sondern noch vieles andere. Lass also den Mut nicht sinken und denke daran, dass du mit den Römern noch Krieg führen musst!“ 210 Nach dieser Traumerscheinung erhob ich mich, um in die Ebene hinabzugehen. Kaum aber hatten mich die Galiläer erblickt, als sich die ganze
Flavius Josephus: Des Flavius Josephus Selbstbiographie. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1900, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosApionVitaMakkGermanClementz.djvu/40&oldid=- (Version vom 4.8.2020)