wohl das Eigene treu zu bewahren, nicht aber gegen Fremdes anzugehen. Hat doch der Gesetzgeber schon mit Rücksicht auf den Namen „Gott“ uns streng untersagt, die Götter, an welche andere Nationen glauben, zu verspotten oder zu lästern.[1] 238 Weil aber unsere Ankläger meinen, uns dadurch schlagen zu können, dass sie ihr eigenes Volk herausstreichen, darf ich nicht ganz schweigen, zumal die folgenden Bemerkungen nicht erst von mir, der ich sie jetzt niederschreibe, ins Treffen geführt, sondern schon von vielen hochangesehenen Gelehrten[2] ausgesprochen worden sind. 239 Denn wo finden wir unter den Griechen einen ob seiner Weisheit bewunderten Mann, der nicht den namhaftesten Dichtern und den angesehensten Gesetzgebern Vorwürfe darüber gemacht hätte, dass sie von jeher so niedrige Ansichten über die Götter im Volke verbreiteten? 240 Sie gaben nämlich die Zahl derselben ganz nach Belieben an, liessen sie bald auf diese, bald auf jene Art voneinander abstammen und unterschieden sie wie Tiergeschlechter nach Wohnplätzen und Lebensweise, indem sie den einen die Erde, anderen das Meer, wieder anderen, und zwar den ältesten, den Tartaros anwiesen, wo sie gefesselt seien; 241 über die, welchen sie den Himmel zuteilten, setzten sie als Herrn einen bestimmten Gott, der zwar Vater heisst, sich aber wie ein Tyrann und Despot benimmt; deshalb müssen auch seine Gattin, sein Bruder und die aus seinem eigenen Haupt geborene Tochter sich wider ihn verschwören, um ihn zu fangen und in Gewahrsam zu bringen, wie er selbst seinem Vater gethan hatte.
(34.) 242 Mit Recht halten die verständigeren Menschen derartige Ansichten für sehr tadelnswert und spotten auch darüber, dass man sich die Götter teils ohne Bart
Flavius Josephus: Des Flavius Josephus Selbstbiographie, Gegen Apion. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1900, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosApionVitaMakkGermanClementz.djvu/187&oldid=- (Version vom 4.8.2020)