Seite:Ferdinand Wilhelm Weber - Wie kann der christliche Volksschullehrer an der Schuljugend Seelsorge üben.pdf/9

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Einfluß auf den Schüler ausgeht, so wirkt der Lehrer besonders durch eigene treue Pflichterfüllung auf denselben und gewinnt ihn durch sie zu eigner Treue und Hingabe an den Beruf. Umgekehrt verdirbt das eigene böse Beispiel der Trägheit oder Lauigkeit in der Berufspflicht den Eindruck auch der bestgemeintesten ernsthaftesten Ermahnungen; so lange der Lehrer nicht Ernst macht mit dem was er fordert, macht auch der Schüler keinen Ernst, sondern bleibt bei der Meinung, daß die Sache überhaupt nicht Ernst gemeint sei. Es ist ein vergebliches Beginnen, wenn man selber der Trägheit fröhnt, den Schüler fleißig machen zu wollen; ja es ist mehr als das: es ist gewissermaßen eine Heuchelei, welche auf die Seele des Schülers äußerst verderblich zu wirken pflegt. Diese Wahrnehmung bewegt den Lehrer, dem das Seelenheil seiner Schüler am Herzen liegt, zu um so größerer Treue im Beruf, indem er sich allezeit vorhält, daß sein Thun und Lassen einen bildenden Einfluß auf die Seelen der ihm anvertrauten Jugend übt, sei es zum Guten oder zum Bösen. Der Lehrer gibt nicht allein der vorgesetzten Behörde Rechenschaft für seine Arbeit, sondern auch dem Herrn, dem die Schuljugend angehört, auf welche er durch sein eignes Vorbild in dieser oder jener Weise eingewirkt hat.

.

 3. Ein drittes, was der Lehrer im Auge behalten muß, welcher auf die Entwicklung der ihm anvertrauten Jugend Rücksicht nimmt und sie zum freien Gehorsam zu erziehen sucht, sind die rechten Lehrziele. Richtig sind die Lehrziele, wenn sie der individuellen Fassungskraft angemessen sind. Es ist Sache des Lehrers als solchen, zu erkennen, welches Ziel die natürliche Begabung jedem Schüler vorgesteckt hat, und es hängt der Erfolg seiner Arbeit zum guten Theile davon ab, mit welchem Grade von Verständniß und Einsicht ein Lehrer bei dieser Zielbestimmung zu verfahren weiß. Noch ungleich wichtiger aber ist dieselbe für den Erfolg der Erziehungsarbeit. Wem das richtige Ziel vorgesteckt ist, der ist damit innerlich für die Arbeit gewonnen; er gibt seinen freien Willen zu derselben, er geht in den freien Gehorsam ein, wie umgekehrt derjenige des physischen Zwanges bedarf und damit zu trotzigem Widerstreben versucht wird, welcher mehr und anderes leisten soll, als ihm wirklich angemessen ist. Durch die ungerechte Zumuthung entsteht der böse Schulgeist, der im jüngeren Alter seiner noch nicht bewußt ist, im späteren aber zu einem klareren Bewußtsein durchdringt, jener Geist der Widersetzlichkeit, da