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Die Thatsache, daß dann von zwei Seiten, in verschiedenem Sinne auf die Jugend sittlich eingewirkt wird. Dies kann auf die Dauer nimmermehr bestehen. Entweder die Kirche nimmt in der Zukunft die Erziehung allein in die Hand, und die Schule sinkt zur Handlangerin herab, welche lediglich gewisse Kenntnisse und Fertigkeiten beibringt, ohne sittliche Aufgaben zu verfolgen, – oder die Schule gibt künftig den Ton für das sittliche Leben an, unbekümmert um die Kirche, ja im Widerspruche mit ihr, die Kirche aber verliert ihren Einfluß auf das Volk. Wem das Fortbestehen der christlichen Volkskirche am Herzen liegt, der muß darum auch für die Verbindung zwischen Kirche und Schule eintreten; er muß dafür kämpfen, daß Kirche und Schule in der Volkserziehung zusammenwirken, daß die Schule die Erziehung in demselben Sinne auffasse und übe, wie die Kirche.

 Hierauf beruht in der That das Band zwischen Kirche und Schule, daß sie in der Volkserziehung eine Aufgabe haben. Wir sind hier versammelt, Geistliche und Lehrer; lassen Sie uns das Band unter einander enger knüpfen, indem wir uns von neuem an diese gemeinsame Aufgabe erinnern.

 Sie wissen Alle, theure Freunde, die Kirche faßt alle Erziehung als Sorge für die Seele, als Leitung der Seele zum ewigen Leben auf. Die Schule, welche für die Erziehung dasselbe Ziel erkennt wie die Kirche, wird deßhalb ihre pädagogische Aufgabe in seelsorgerlichem Sinne auffassen müssen. Lassen Sie dies das Band sein, das uns verknüpft, daß wir beide, Geistliche und Lehrer, die Sorge für die Seelen der uns anvertrauten Jugend als unsre höchste Aufgabe erkennen, daß wir dieser Aufgabe in Kirche und Schule mit heiligem Eifer dienen, daß wir, ein Jeder in seiner Sphäre und im Zusammenwirken alle Kräfte einsetzen, sie zu erreichen.

 Um Sie hierin zu bestärken, benütze ich diese Gelegenheit dazu, vor Ihnen mich darüber auszusprechen:

Wie der Volksschullehrer in seinem Berufswirken ein Seelsorger der ihm anvertrauten Jugend werden könne.

 Fragen wir uns zu dem Zwecke

1) wieferne ein christlicher Lehrer als solcher an der Jugend Seelsorge üben könne, und
2) welche Mittel ihm hiefür zu Gebote stehen.