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Thales.

Die Welle beugt sich jedem Winde gern,
Doch hält sie sich vom schroffen Felsen fern.

Anaxagoras.

7855
Durch Feuerdunst ist dieser Fels zu Handen.


Thales.
Im Feuchten ist Lebendiges erstanden.

Homunculus[1]
(zwischen beiden).
Laßt mich an eurer Seite gehn,
Mir selbst gelüstet’s zu entstehn!

Anaxagoras.
Hast du, o Thales, je, in Einer Nacht,

7860
Solch einen Berg aus Schlamm hervorgebracht?


Thales.
Nie war Natur und ihr lebendiges Fließen
Auf Tag und Nacht und Stunden angewiesen.
Sie bildet regelnd jegliche Gestalt,
Und selbst im Großen ist es nicht Gewalt.

Anaxagoras.

7865
Hier aber war’s! Plutonisch grimmig Feuer,

Aeolischer Dünste Knallkraft, ungeheuer,
Durchbrach des flachen Bodens alte Kruste
Daß neu ein Berg sogleich entstehen mußte.

Thales.
Was wird dadurch nun weiter fortgesetzt?

7870
Er ist auch da, und das ist gut zuletzt.

Mit solchem Streit verliert man Zeit und Weile

Und führt doch nur geduldig Volk am Seile.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Homuuculus
Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Faust - Der Tragödie zweiter Teil. Tübingen 1832, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Faust_II_(Goethe)_150.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)