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     Un eftersch gaar in schtiller Nacht

Wuurn mannige Eltern munter gemacht,
Wenn de Tochter schluchzte in Trääm[1] oft schwäär
Un schprooch[2] wull gaar von Militär.
Wie mannigmool goob’s in d’n Kammern

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Ae Heil’n, Schreie, Schluchzen un Jammern;

Die Eltern rufften oft in Schtorm un Wind:
„Ach liewer Gott, dis arme Kind!“

     Bluus Aener hatte bishaar nischt vernumme,
Daß su äne Schtimmung waar reingekumme.

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Obgleich haar[3] nu in tiefer Nacht un in Schtorm

Gewacht hatte trei in unnern Glockenthorm,
Su waarne trotzdan hiedervon nischt gesaat
Un Käner hatt’ne sei Lääd mool geklaat;
Drim waar dänn nu a vuller Verdruß

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D’r Thormwachter un Schtadtmusikus.


     ’s warne nu schließlich doch aufgefall’n,
Dass’r kän Oomd[4] huur ä Lied erschall’n
Un daß mitunter in der Nacht
Of viel’n Kammern wuur Licht gemacht,

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Un daß mitunter in Nachtesgraus

Geschrei kam aus d’n Fanster ’raus.
„I“, dacht’r sich, „wos mog dis sein,
Daß Käner schleeft meh’ richtig ein?“

     Doch kaum hattersch ändlich rausgekricht,

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Do saater gleich mit pfiffing Gesicht:

„Nu wart, nu sollt’r arschtemool sahn,
Daß d’r Kar’l[5] kann ä Linnernis[6] gaan;


  1. Trääm = Traum.
  2. schprooch = sprach.
  3. haar = er.
  4. Oomd = Abend.
  5. Kar’l = Karl Schwarz war Thurmwächter und Stadtmusikus. Als guter Geigenspieler war er weit und breit bekannt.
  6. Linnernis = Linderung.