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IX. Regner. 409


müssen, wo sie sich böte, suchte Unterstützung bei jeder Altersstufe, paarte Schwache mit kräftigen Männern, reihte unbedenklich Greise und Knaben in die Keile der Helden. So kam es auf dem Felde, welches zu deutsch das Wollfeld heisst, mit den aufständischen Schonen, die er zuerst niederwerfen wollte, zu einer gewaltigen Schlacht. Iwar, erst sieben Jahre alt, kämpfte zu aller Verwunderung und zeigte, dass in seinem kleinen Körper die Kraft eines Erwachsenen wohnte. Siward aber stürzte bei seinem unerschrockenen Eindringen auf den Feind zu Boden und erhielt im Fallen eine Wunde. Dieser Umstand machte die Mannen, die es sahen, bestürzt und liess sie nach einer Flucht sich umsehen: nicht nur Siward sank zu Boden, sondern mit ihm fast aller Kampfmut von Regners Anhang. Jedoch die bestürzten und entmutigten Kämpfer richtete Regner mit mannhaftem Beispiele und Mahnworte wieder auf und trieb die aller Siegeshoffnung Baren an, den Sieg zu erzwingen. Auch Lathgertha, in deren zarten Gliedern unvergleichlicher Mut lebte, verdeckte die Neigung der zagenden Mannen durch ihr glänzendes Vorbild in der Tapferkeit. [304] 304Durch eine geschickte Schwenkung kam sie den Feinden unvermutet in den Rücken, und nun hatten nicht mehr die Freunde, sondern die Feinde zu fürchten. Schliesslich lockerte sich die Schlachtreihe des Harald, und er wurde unter ungeheuerem Verluste an seinen Leuten in die Flucht geschlagen. Als Lathgertha aus der Schlacht nach Hause kam, erstach sie mit einer Pfeilspitze, die sie im Kleide verborgen hatte, bei Nacht ihren Gemahl und übernahm an seiner Statt die Herrschaft über das Reich. Der trotzige Sinn der Frau wollte nicht das Reich mit dem Gemahle teilen, sondern ohne Mann herrschen.

Unterdessen wurde Siward in eine Stadt, die in der Nähe des Schlachtfeldes lag, geschafft, und er vertraute sich den Händen der Ärzte zur Heilung seiner Wunde an. Die Ärzte gerieten vollständig in Verzweiflung, da die Grösse der Wunde jedes Heilmittel unwirksam machte; da sah man, wie ein Mann von erstaunlicher Grösse an das Bett des Kranken trat; er versprach, ihn sofort gesund zu machen, wenn er ihm die

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 409. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_419.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)