Seite:Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus 389.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
VIII. Snio. 379


sich, ohne sich das geringste merken zu lassen. Kurz darauf, als sie an dem Frager wieder vorüberging, sagte sie, sie werde bald nach Böcherör kommen; nach diesem Orte nämlich nahm sie sich vor zu fliehen. Als er das erfahren hatte, forschte der Bettler in gewohnter listiger Fragestellung nach der für die Ausführung des Versprechens bestimmten Zeit. Sie aber, ebenso schlau und ebenso dunkel im Ausdrucke, nannte, so kurz sie nur konnte, Wintersanfang. Ihre Begleitung aber, welche das leise Geflüster des Liebeswortes vernommen hatte, hielt den schlauen Kunstgriff für ein Wahnwort der ausgesprochenen Thorheit. Als Snio den Bericht des Bettlers empfangen hatte, liess er die Königin, die unter Mitnahme des Schatzes ihres Gemahls, angeblich um zu baden, sich entfernt hatte, mit einem Schiffe heim holen. Später ist häufig zwischen ihm und dem Schwedenkönige, da der eine die rechtmässige Frau wieder haben, der andere die unrechtmässige nicht herausgeben wollte, mit schwankendem Erfolge und wechselndem Siege gekämpft worden.

Zu dieser Zeit wurde durch anhaltend böse Witterung die Fruchtbarkeit des Ackers vernichtet, und es entstand eine grosse Teuerung. Da infolge der Seltenheit der Lebensmittel schwerer Hunger das gemeine Volk heftig plagte, so wollte der König, in seiner Fürsorge der Not der schweren Zeit zu begegnen, das Volk zu einem mässigen Leben nötigen, und da er sah, dass die Trinker weit mehr verbrauchten als die Esser, so schaffte er die üblichen Trinkgelage ab und erliess das Gebot, dass aus der Brotfrucht kein Trank bereitet werden sollte: der bittere Hunger müsse durch das Verbot des übermässigen Trinkens gelindert und der Durst zu einer Quelle reichlicher Speise gemacht werden.

[283] 283Da geriet ein Mann mit ewig durstiger Kehle, der das Verbot des gewohnten Trinkens aus Herzensgrund beklagte, auf ein tiefsinniges, schlaues Auskunftsmittel, entdeckte für den (verbotenen) Genuss einen neuen Weg und brach das allgemeine Gebot der Enthaltsamkeit für seine Person durch seine Unmässigkeit. Seinen geliebten Genuss musste ihm ein schlaues, spasshaftes Verfahren möglich machen: das

Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 379. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_389.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)