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VII. Harald Hildetand. 333

 Darauf griff er einen friesischen Kämpen namens Ubbo an, der das Gebiet von Jütlaud unter Ermordung der Bauern verwüstete, und als er ihn mit den Waffen nicht niederkämpfen konnte, liess er seine Leute ihn mit den Händen greifen, warf ihn zu Boden und legte den Überwundenen in Fesseln. So überwand er den, von dem er kurz vorher annahm, dass er ihm einen empfindlichen Schlag beibringen würde, mit einer schimpflichen Art der Bezwingung. Er gab ihm aber eine Schwester zur Gemahlin und nahm ihn in sein Gefolge auf. Nun zwang er die dem Rheine benachbarten Völker zu Zins und wählte sich Leute aus den tapfersten Männern dieses Volksstammes. Auf diese Streitmacht gestützt, überzog er das Slavenland mit Krieg und liess dessen Fürsten Duk und Dal [Dag] wegen ihrer Tapferkeit nicht erschlagen, [250] 250sondern gefangen nehmen. Auch sie nahm er in sein Gefolge und bezwang nun Aquitanien[1], dann ging er nach Britannien, erschlug den König der Humbrer und nahm die kräftigsten Leute aus der jungen Mannschaft der Besiegten in sein Heer. Für den tüchtigsten galt Orm, mit dem Beinamen der Britanne. Die Kunde von diesen Thaten lockte Kämpen aus den verschiedensten Teilen des Erdkreises herbei, und er bildete aus ihnen ein Söldnerheer. Umgeben von einer grossen Schar Söldner hielt er durch den Schrecken seines Namens die Bewegungen in allen Reichen nieder und nahm ihren Regenten den Mut, unter einander Krieg zu führen. Jedoch auch die Herrschaft auf dem Meere wagte niemand ohne seinen Wink sich anzumassen: vor Zeiten war nämlich im dänischen Staate die Herrschaft über das Land und über das Meer geteilt.

Inzwischen starb in Schweden Ingeld und hinterliess einen kleinen Sohn, den ihm die Schwester des Harald geboren hatte, Ringo; ihn setzte Harald über das väterliche Reich und bestellte ihm Vormünder. Nachdem er so Länder und Fürsten zur Unterwerfung gebracht, verlebte er 50 Jahre in Ruhe. Damit er durch diese thatenlose Zeit nicht den


  1. d. h. die spätere Normandie.
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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 333. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_343.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)