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324 Siebentes Buch.


möglicherweise ein grosses Verbrechen auf sich zu laden. An seiner statt forderte Haldan einen anderen Kämpen, und als der ihm gegenübergestellt wurde, nahm er ihm das Leben, und nun wurde ihm auch durch der Feinde Stimme der Preis der Tapferkeit zuerkannt, [244] 244und durch allgemeinen Zuruf wurde er für den Allertapfersten erklärt. Am folgenden Tage forderte er zweie zum Kampfe und erschlug sie alle beide. Am dritten Tage überwand er drei, am vierten vier, am fünften aber forderte er fünf. Auch diese streckte er nieder, und als man so in ähnlichem Anwachsen des Kampfes und des Sieges bis zum achten Tage gelangt war, da streckte er elf zu gleicher Zeit mit ihm zum Kampfe Antretende nieder. Als nun Hildiger, weil er den Ruhm seiner Thaten durch seines Bruders Grossthaten erreicht sah, den Kampf nicht länger versagen konnte, von ihm aber, da er sein Schwert mit dünnem Zeuge überzog, eine tötliche Wunde empfing, da warf er die Waffen weg, liess sich auf den Boden gleiten und redete den Bruder mit folgenden Worten an:

Lass uns in trautem Geplauder zusammen ein Stündlein verbringen,
Mag uns das Eisen jetzt ruhn, wir mögen uns hin auf den Boden

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Setzen, vertreiben die Zeit und Erholung uns gönnen mit Worten.

Zeit bleibt noch für das Werk; denn ein gänzlich verschiedenes Schicksal
Bietet für zweie das Los: den einen unrettbar zum Tode
Jagt das Geschick, doch den andern erwartet in schöneren Jahren
Ehre und Ruhm, und es blüht ihm ein langes und glückliches Leben.

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So hat verschiednes Geschick sich selber die Rollen geteilet.

Dich hat das dänische Land, mich schwedische Erde geboren,
Drot hat als Mutter Dir einst, ihrem Kinde, die Brüste geboten,
Sie war Mutter auch mir, auch mir hat die Milch sie gespendet.
Siehe! hier schwindet ein hehres Geschlecht, das mit trotzigen Waffen

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Trat zu dem Kampf; zwei Brüder[1], entsprossen erlauchtestem Blute,

Bringen einander den Tod; nach dem Gipfel des Ruhmes verlangend
Kürzen sie selbst sich das Leben, sie schufen im Streben nach Herrschaft
Selbst sich das Ende und sehn im gemeinsamen Tode den Orkus.


  1. Offenbar ist Haldan auch verwundet und zwar, wie Hildiger meint, zum Tode; daraus erklärt sich auch das Gerücht 24513, dass Haldan gefallen sei. Der 24417b–20 ausgesprochene Gedanke ist ganz allgemein, auf die Brüder bezieht sich nur die erste Hälfte, aber auf beide nach dem Glauben Hildigers.
Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 324. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_334.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)