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270 Sechstes Buch.


Und so hat unser Land, welches die Mässigkeit in sich wie ein natürliches Gut ausbildete, die Üppigkeit von den Nachbarn bezogen. Ingell hatte sich von ihren Lockungen fangen lassen und schämte sich deshalb auch nicht, Unrecht mit Wohlthaten aufzuwiegen, und der elende Tod seines Vaters entlockte ihm nie einen Seufzer des Kummers, wenn er ihm durch den[WS 1] Sinn ging.

Die Königin aber, um nicht ihren Vorsatz unerfüllt zu sehen, – sie bildete sich ein, den Zorn des Alten am besten mit Geschenken abwenden zu können – zog eine Binde von wunderbarer Arbeit von ihrem Haupte und legte sie in den Schoss des Speisenden; denn sie wünschte das Wohlwollen des Mannes zu kaufen, da sie seine Tüchtigkeit nicht hatte abstumpfen können. Jedoch Starkather hatte den Ärger über die Beleidigung noch nicht vergessen und warf der Spenderin die Binde ins Gesicht; denn er meinte, in einem solchen Geschenke liege mehr Missachtung als Hochachtung; und es war sehr klug von ihm, dass er sich auf sein von Wunden bedecktes und an den Helm gewöhntes Haupt nicht den ungewohnten Schmuck eines Weiberputzes kommen liess; ein Frauenband dürfe nicht in ein Manneshaar gewunden werden. So strafte er Abweisung mit Abweisung und machte die verächtliche Behandlung seiner Person mit Verachtung von seiner Seite wett, indem er sich beinahe so gross in der Ahndung der Beleidigung erwies, wie er sich bei der ruhigen Hinnahme derselben erwiesen hatte. Denn der Sinn des alten Kriegers, der die Verehrung des Frotho mit unauflöslichen Fesseln der Freundschaft umfasst hatte und durch viele prächtige Beweise seiner Güte zu ihm gezogen wurde, konnte durch kein schmeichelndes Entgegenkommen bewogen werden, die Absicht ihn zu rächen fallen zu lassen, nein! er wollte ihm den für die Wohlthaten gebührenden Dank auch nach der Erfüllung seines Geschicks noch abstatten und dem nach dem Tode mit Erwiderung des Wohlwollens lohnen, von dem er im Leben liebenden Sinn und freigebige Freundschaft erfahren hatte. So tief führte er das Jammerbild der Ermordung des Frotho in seinem Herzen eingegraben, dass aus dem innersten Grunde seines

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: denn
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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_280.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)