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VI. Ingell, Starkather, Helga. 255


nach dem Hingange des Vaters war sie ohne Hut und von Beschützern verlassen, da niemand da war, der die Verdienste des Vaters in der Tochter geehrt hätte. Als das Starkather durch wiederholten Bericht von Reisenden erfuhr, da vermochte er nicht die Überhebung des Schmieds ungestraft zu lassen (denn wie er ein dankbarer Verehrer für Wohlthaten war, so war er allezeit bereit, Unverschämtheit zu züchtigen) und eilte, eine so unerhörte Anmassung zu strafen, um sich für die alten Verdienste des Frotho an dem verwaisten Mündel dankbar zu erweisen. Er durchwanderte Schweden und kam zur Behausung des Schmiedes; hier setzte er sich neben die Schwelle und verdeckte das Gesicht mit einem Hute, um nicht erkannt zu werden. Der Schmied, der noch nicht die Erfahrung gemacht hatte, dass unter einem wertlosen Mantel manchmal kräftige Hände stecken, schalt ihn aus und hiess ihn schleunigst das Gemach verlassen: unter dem Haufen der Bettler möge er sich einen elenden Rest von der Mahlzeit geben lassen. Aber der Alte, der von der ihm zur andern Natur gewordenen Masshaltung Geduld entnahm, überwandt sich trotz alledem, ruhig dort zu bleiben und die Frechheit des Wirtes nach und nach kennen zu lernen; denn ein Hervorbrechen der inneren Wut hemmte die Vernunft, die mächtiger war als die Erregung. Da machte sich der Schmied mit unverhohlener Lüsternheit an das Mädchen, legte sich in ihren Schoss und bot den Händen der Jungfrau sein Kopfhaar zum Kämmen. Er zog auch die Hose aus und verlangte ihre Mühewaltung, um ihm die Flöhe abzusuchen und erzwang es, dass die Frau aus der erlauchten Familie ihre schönen Finger in die unsaubere Hose zu stecken sich nicht schämte. Darauf erkühnte er sich in vermeintlicher Freiheit der Wollust seine gierigen und vor Aufregung zitternden Hände unter ihr Unterkleid zu stecken und ihrer Brust nahe zu bringen. Sie aber, die durch aufmerksamen Blick die Anwesenheit des ihr von langer Zeit her bekannten Alten bemerkte, wurde von Scham erfüllt, wies die mutwillige, wollüstige Betastung zurück und stiess die unkeuschen Hände von sich, ja sie sagte ihm auch, er werde die Waffen nötig

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_265.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)