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VI. Fridlew. 235


aber kam ihm nicht aus dem Sinne. Inzwischen sprengte das Pferd, das Fridlew, um den Glauben an seinen Tod zu verbreiten, nur mit Erguss des Blutes unter der Haut bespritzt hatte, mit seinen Blutflecken in das Lager seiner Leute. Sie machten sich sofort nach dem Flusse auf und hielten die Leiche des Knechtes, welche in ihrer vornehmen Kleidung der rauschende Wirbel des Flusses an das Ufer getrieben hatte, für den Körper des Königs. Ihren Irrtum unterstützte zumeist der aufgetriebene, zerschlagene Körper, da die Haut, zerrissen und mit Steinen zerklopft, die Züge des Antlitzes in blutloser Blässe formlos verwischt hatte. Wuterfüllt durch diesen Anblick schritten die Fechter, die dem Fridlew jüngst die Vernichtung der Räuber durch ihre Hand gelobt hatten, zu dem gefährlichen Wasser, um nicht ihr rühmliches Versprechen durch furchtsame Unterlassung ihres Gelöbnisses zu entstellen. Ihren Mut ahmten die andern nach und eilten in gleichem Eifer zum Flusse, entschlossen, den Tod zu erleiden, wenn sie den König nicht rächen könnten. Als Fridlew sie erblickte, verband er eiligst die Brücke mit dem Festlande, liess die Fechter ein und streckte im ersten Anlaufe die Wachen nieder. [176] 176Darauf griff er auch die andern an und erlegte sie mit dem Schwerte, Biorn ausgenommen. Diesen liess er sorgsam von den erhaltenen Wunden heilen und nahm ihn unter der Bürgschaft eines heiligen Eides in seine Gefolgschaft auf; er hielt es für geratener, dessen Kraft zu benutzen, als sich seines Falles zu rühmen; er erklärte es auch für unwürdig, dass einer solchen Tapferkeit Blüte, in der ersten Jugend abgepflückt, in unzeitigem Tode verkomme.

Als die Dänen von der Ankunft des Fridlew hörten, von dessen Tode sie früher eine falsche Kunde erhalten hatten, liessen sie ihn einholen und forderten den Hiarn auf, die Herrschaft abzugeben, weil er sie nur widerruflich und stellvertretend führe. Der aber wollte die hohe Ehre nicht fahren lassen und lieber sein Leben lassen für den Ruhm, als in das dunkle Los des grossen Haufens zurücktreten. Um also nicht genötigt zu sein, die königlichen Ehren aufzugeben und in

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_245.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)