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Odoardo. Zieh hin! – Nun da, Prinz! Gefällt sie Ihnen noch? Reizt sie noch Ihre Lüste? Noch, in diesem Blute, das wider Sie um Rache schreyet? (nach einer Pause) Aber Sie erwarten, wo das alles hinaus soll? Sie erwarten vielleicht, daß ich den Stahl wider mich selbst kehren werde, um meine That wie eine schaale Tragödie zu beschließen? – Sie irren sich. Hier! (indem er ihm den Dolch vor die Füße wirft.) Hier liegt er, der blutige Zeuge meines Verbrechens! Ich gehe und liefere mich selbst in das Gefängniß. Ich gehe, und erwarte Sie, als Richter. – Und dann dort – erwarte ich Sie vor dem Richter unser aller!

Der Prinz. (nach einigem Stillschweigen, unter welchem er den Körper mit Entsetzen und Verzweiflung betrachtet, zu Marinelli) Hier! heb’ ihn auf. – Nun? Du bedenkst dich? – Elender! – (indem er ihm den Dolch aus der Hand reißt.) Nein, dein Blut soll mit diesem Blute sich nicht mischen. – Geh, dich auf ewig zu verbergen! – Geh! sag’ ich. – Gott! Gott! – Ist es, zum Unglücke so mancher, nicht genug, daß Fürsten Menschen sind: müssen sich auch noch Teufel in ihren Freund verstellen?


Ende des Trauerspiels.
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Gotthold Ephraim Lessing: Emilia Galotti. Christian Friedrich Voß, Berlin 1772, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Emilia_Galotti_(Lessing_1772).djvu/152&oldid=- (Version vom 31.7.2018)