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nicht bloss in äusseren Punkten, sondern auch, wenigstens was die Mittelwerthe der Kräfte betrifft, im Innern des Stromleiters.

Ich will diese Ladung die Compensationsladung nennen. Ist sie einmal entstanden, so kann der Stromleiter keine Electricitätsbewegung in einem benachbarten Körper hervorrufen. Ein stationärer Strom in einem sich mit der Erde bewegenden Draht übt also auf einen Stromkreis, der ebenso in Bezug auf die Erde ruht, ungeachtet der Erdbewegung keine Inductionswirkung aus[1].

Zu bemerken ist nun noch, dass in dem schliesslich eintretenden Zustande des Systems und gewisse Werthe, von der Ordnung , haben. Unter Vernachlässigung der Grössen zweiter Ordnung folgt dann wirklich aus (4a)




Wirkung zwischen einem geladenen Körper und einem Stromleiter.


§ 26. Nach dem Vorhergehenden haben wir anzunehmen, dass in dem Stromleiter neben dem Strome die Compensationsladung bestehe und ausserdem (an der Oberfläche des Leiters) die durch hervorgerufene Influenzladung . Zur Vereinfachung stellen wir uns vor, dass , und neben einander als von einander unabhängige Ionensysteme bestehen[2].


  1. Es möge daran erinnert werden, dass Hr. Budde (Wied. Ann., Bd. 10, f. 553, 1880), unter Zugrundelegung des Clausius’schen Gesetzes, zu denselben Schlüssen gelangt ist, die ich hier gezogen habe. Sein Werth für die Dichtigkeit der Compensationsladung stimmt sogar Vollkommen mit dem oben gefundenen überein, wenn man in diesem vernachlässigt.
  2. Diese Vorstellungsweise ist indessen keine nothwendige. Damit die im Texte mitgetheilten Betrachtungen, richtig seien, braucht nicht angenommen zu werden, dass die Ionen, welche die Ladungen und bilden, in Ruhe bleiben und der daneben bestehenden Strömung gänzlich entzogen seien. Man kann sich ebenso gut denken, dass alle Ionen sich bewegen, und zwar, ähnlich wie in Electrolyten, in höchst unregelmässiger Weise. Dabei ist sehr gut ein constanter, von Null verschiedener Mittelwerth möglich; dieser constituirt dann die mit und bezeichneten Ladungen (d. h. setzt sich aus zwei Summanden und zusammen), während der Strom durch bestimmt wird.
    Ersetzt man nun in und alle Glieder durch die Mittelwerthe, so sieht man leicht, dass jeder der Vectoren und aus zwei Theilen besteht, deren einer nur von und der andere nur von abhängt. Da nun die Wirkungen nach aussen durch jene Vectoren bestimmt werden, so müssen sie gerade so sein, als ob die Ladung und der Strom gar nicht mit einander zusammenhingen.
    Aehnliches gilt von den auf den Stromleiter ausgeübten Wirkungen. Sind nämlich und die durch äussere Ursachen im Aether hervorgebrachten Veränderungen, so ist nach (Va) die auf ein Volumelement wirkende Kraft
    Die Wirkung, welche ein wahrnehmbarer Theil des Körpers erleidet, lässt sich also in der Weise berechnen, dass man für die Volumeinheit setzt
    was wieder in zwei Theile, mit und , zerfällt.
    Streng genommen wäre übrigem noch eine dritte Ladung zu berücksichtigen gewesen. Der Strom kann nicht bestehen ohne ein Potentialgefälle, und dieses nicht ohne electrische Ladungen der Theile des Leiters. Diese Ladungen spielen indess bei der behandelten Frage keine wesentliche Rolle und konnten um so mehr ausser Acht gelassen werden, als man sich dieselben verschwindend klein denken kann, wenn man nur eine sehr hohe Leitungsfähigkeit voraussetzt.