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den Ionen betrifft, mit den bekannten Gleichungen der Maxwell’schen Theorie überein und drücken im allgemeinen aus, dass sich jede Veränderung, welche ein Ion im Aether hervorruft, mit der Geschwindigkeit des Lichtes fortpflanzt. Die Kraft aber, die der Aether auf ein geladenes Theilchen ausübt, betrachten wir als abhängig von dem Zustande, in welchem jenes Medium an der Stelle, wo das Theilchen ist, sich befindet. Das angenommene Grundgesetz unterscheidet sich also in einem wesentlichen Punkte von den Gesetzen, die Weber und Clausius aufgestellt haben. Der Einfluss, den ein Theilchen in Folge der Nähe eines zweiten erleidet, hängt zwar von der Bewegung dieses letzteren ab, jedoch nicht von dessen augenblicklicher Bewegung. Maassgebend ist vielmehr die Bewegung, welche dieses einige Zeit früher hatte, und das angenommene Gesetz entspricht also der Forderung, welche Gauss im Jahre 1845 in seinem bekannten Brief an Weber[1] an die Theorie der Electrodynamik stellte.

Ueberhaupt liegt in den Annahmen, die ich einführe, in gewissem Sinne eine Rückkehr zu der älteren Electricitätstheorie. Der Kern der Maxwell’schen Anschauungen geht damit nicht verloren, aber es ist nicht zu leugnen, dass man mit der Annahme von Ionen nicht mehr weit entfernt ist von den electrischen Theilchen, mit denen man früher operirte. In gewissen einfachen Fällen tritt dies besonders hervor. Da wir das Wesen einer electrischen Ladung in einer Anhäufung positiv oder negativ geladener Theilchen sehen, und unsere Grundformeln für ruhende Ionen das Coulomb’sche Gesetz ergeben, so lässt sich z. B. die ganze Electrostatik nun wieder auf die frühere Form bringen.


  1. Gauss. Werke, Bd. 5, p. 629.