laufen wie von selbst ihre dunkle Bahn und öffnen sich dabei selbst die hölzernen Thüren, welche streckenweise zur Erhaltung gleichartiger Temperatur und Ventilation angebracht sind. Klirrend fallen dann die auseinandergeschobenen Thürflügel hinter dem duchgegangenen Hunte wieder zu. An vielen Stellen macht uns der Führer auf die „Jahresringe“ des buntfärbigen Steinsalzes aufmerksam, sowie auf die oft bizarren Schichtenlagerungen des glitzernden Gesteines. Ein wahres Labyrinth von Gängen und Stollen eröffnet sich uns, und aus allen Richtungen sausen die salzbeladenen Karren an uns vorüber. Hohe Hallen wölben sich über uns und strahlen, von einer Magnesiumfackel beleuchtet, über unseren Häuptern. Wir kriechen fast auf dem Boden aufwärts zu einem neuen Stollen, wo wir zuletzt zwei Knappen trafen, welche Bohrungen für Sprengungen vornahmen. „Glück auf!“ rufen wir, „Glück auf!“ tönt es zurück, und wieder knirscht der Bohrer im glitzernden Gestein. Es ist ein seltsamer Anblick, da unten in schauderhafter Tiefe ein paar stille Menschen zu finden, die Leib und Leben wagen, um Verdienst zu erwerben. Wir beschenkten die Leute mit Cigarren, die wir in unsere Blousen gesteckt, und wandern wieder in den Stollen weiter. Nach langem Wandern in den unterirdischen Gängen und Hallen, deren Boden zumeist aus hier weniger beachtetem Kochsalzgestein, durch die Tritte zu Mehl zermalmt, bestehen, fuhren wir zur fünften Etage empor und trafen da in einer riesigen, neu ausgehauenen Halle die Arbeiter damit beschäftigt, für eine neue riesige Wasserabhaltungsdampfmaschine den Grund und Raum zu beschaffen. Hart an der grell beleuchteten Tiefe vorüber gelangten wir in den sogennanten „Festsaal“, einer wahrhaft allen Riesendimensionen spottenden, aus dem salzigen Gestein ausgehauenen Halle, deren hohe natürliche Wölbung man beim schwachen Grubenlichte nicht erspähen kann. Im Vordergrunde befindet sich ein Teich, dessen Kahn zu einer Spazierfahrt auf der salzigen Flut einladet. Gegen den Hintergrund erhebt sich ein kolossaler, mächtiger Obelisk, aus den natürlichen hier vorkommenden Salzsteinen aufgebaut, so daß die übereinander gethürmten Steinmassen einen genauen senkrechten Durchschnitt des ganzen Salzbergwerkes in seinen Schichtenlagern darstellen. Unser Führer hantiert nun hinter einer von ihm geöffneten Thür, und im Nu strahlt das glitzernde Gewölbe im elektrischen Lichte; auf dem Obelisk wird ein Kranz wie aus buntfärbigen Rosen sichtbar, an den Wänden strahlen Bergmannabzeichen, Schlegel und Eisen, von der Wölbung leuchten große elektrische Lampen nieder. Wir bedauerten nur, in diesen Feenpalast kein Fäßchen „Pils“ bestellt zu haben.
Cz: Eine Volapüktour. Gebrüder Schencker, Staßfurt 1898, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eine_Volap%C3%BCktour.djvu/8&oldid=- (Version vom 31.7.2018)