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Nach einem Besuche beim katholischen Pfarrer der Stadt, welcher durch die Hilfe des Bonifaciusvereines eine schöne große Kirche und ein nettes, wenn auch auf das Engste beschränktes Pfarrhaus sammt Privatschulgebäude erhalten hat, ging es in den Klub zurück. Allmählich trafen mehr Mitglieder und Freunde der Weltsprache ein, selbst mittelst Rad aus weiterer Ferne, z. B. aus dem drei Stunden von Staßfuhrt entlegenen Calbe, auch die junge Garde, etwa fünfzehn Schulbüblein, stellten sich ein, welche der Obmann des Club, Herr Wilhelm E……, kaufmännischer Beamter der hiesigen Ammoniak-Sodafabrik, vor den Augen und Ohren des Gastes einer eingehenden Prüfung unterzog, welche auch sehr befriedigend ausfiel. Dann folgte erweiterte Klubsitzung mit Gästen, offizielle Begrüßungsreden in Volapük und deutscher Sprache; die heiteren Stunden verflossen gar bald, und es war schon ziemlich spät, als ich durch die mit einem blumenumkränzten Schilde, auf dem der Willkommengruß „Vekömö!“ dem Gaste entgegenwinkte, geschmückte Thüre in mein Schlafzimmer schlüpfte, begleitet von vielstimmigen „Guneitö!“ „Gute Nacht!“

Nach der heil. Messe am anderen Morgen, wobei mich die große Anzahl der Schulkinder überraschte, welche abwechselnd beteten und sangen, und nach dem im Pfarrhause eingenommenen Frühstücke ging es in corpore ins Anhalt’sche hinüber, zur Einfahrt in einen großen herzoglichen Schacht. In einem Warteraum machten wir Toilette. Fast schien es mir, als sollte ich mich wie in Karlsbad für ein Dampfbad herrichten. Selbst Pantalon und Weste, Cravatte u. s. w. mußten zurückgelassen werden; dann erhielten wir graue Hosen, Blousen, schwarze, sehr breitkrämpige Hüte, einen tüchtigen Prügelstock in die eine, ein Grubenlicht in die andere Hand. Wir sahen aus wie eine veritable Stromerbande, wie italienische Ziegelschlager, wir erkannten kaum einander. In diesem Aufzuge wären wir in Graz wohl angehalten und um die Ausweisung gefragt worden!

Nun gings zum Schacht! Wir treten in den großen Fahrstuhl, die Eisenthür klappt zu, die Räder beginnen sich zu drehen, wir schweben hernieder und haben in zweieinhalb Minuten 400 Meter in den Schooß der Erde zurückgelegt. In der Tiefe angelangt, verlassen wir den Fahrstuhl, der sofort wieder in die Höhe rasselt und werden von Knappen mit lautem „Glück auf!“ empfangen.

Unser Führer geht durch einen langen, horizontal aus dem glitzernden Steinsalze gehauenen Gang voran. Wir folgen mit den Grubenlichtern; neben uns huschen, wie von Geisterhänden geführt oder gezogen, „Hunte“ mit Steinsalz an den Stahldrähten vorüber. Melancholisch klirrt und poltert es daher und wieder weiter, sie

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Cz: Eine Volapüktour. Gebrüder Schencker, Staßfurt 1898, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eine_Volap%C3%BCktour.djvu/7&oldid=- (Version vom 31.7.2018)