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Als richtiger Ausstellungsmaier fand ich mich in den Hallen, welche thatsächlich neben dem bei allen Ausstellungen stets vorkommenden Krame wirklich auch viele Neuheiten, enthielten, besonders in dem maschinellen Teile. In dem Zeitungsausstellungspavillon fand ich auch mein eigenes ‚Volapükabled lezenodik‘, das von mir redigierte Volapükamtsblatt, sowie das Volapükblatt ‚Kosmopolan‘ aus Sydney (Ausstralien.) Auch die Ausstellung von Volapükkarten u. s. w. zeigte, daß Volapük auch heute nicht in Leipzig unbekannt ist.

Angrenzend an das Vergnügungsviertel, welches ja keiner Ausstellung fehlen darf und gewöhnlich die meiste Anziehungskraft auf die Besucher ausübt, durch seine bunten Restaurationen, Kosthallen, durch Marineschauspiele, durch Costümaufzüge, z. B. der alte Leipziger Böttichertanz wurde auch aufgeführt und dabei von den Böttichern ein Faß gebaut, aus dem sie sofort Bier und Wein schenkten, fand sich auch hier wie im Vorjahre bei der Berliner Ausstellung eine Nachahmung von Negerdörfern mit echten Einwohnern, welche ihre Kartoffel und ihren Reis kochten, dazu Fleischstücke am offenen Feuer nicht brieten sondern räucherten, Stoffe für ihre abenteuerliche Kleidung webten und färbten, verschiedene Allotria und Ulks trieben und sich dabei, wie es mir schien, köstlich über die Dummheit der Europäer erlustigten, welche nicht müde wurden, dem abgeschmackten Treiben der Schwarzen zuzusehen, wohl auch eine oder die andere triviale Geberde mit lauten Beifallssalven und Gelächter zu begrüßen. Man weiß da wirklich nicht, wer das eigentliche Ausstellungsobject ist, der in burlesken Sprüngen sich ergehende Neger oder der stundenlang dumm gaffende Europäer. Auch eine Fontaine lumineuse, wie sie in den Weltausstellungen von Wien und Paris und in der 1891er Ausstellung in Prag zu sehen war, lockt viele Besucher für den Abend in die Ausstellung. Entsprechend dem „Alt-Berlin“ in der dortigen Ausstellung gab es auch hier ein „Alt-Leipzig“. Ein „Gschnas“-Aufbau aus Pappendeckel, Brettern u. s. w. stellte Gassen und einen Platz des alten Leipzig vor vierhundert Jahren dar. Da fand sich das alte Rathhaus, eine Imitation des Auerbach-Kellers, verschiedene Schenken u. s. w. und eine Unmasse von Menschen, die dort bis in die späte Nacht aßen, tranken, sangen, tanzten und johlten und dazu Gose und Kümmel tranken.

Ich wurde fast schwach vor Müdigkeit und beim Anblicke dieses Treibens und trollte heim, wo ich mich von meinen Volapükfreunden verabschiedete, um am anderen Morgen meine Volapüktour fortzusetzen.

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Cz: Eine Volapüktour. Gebrüder Schencker, Staßfurt 1898, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eine_Volap%C3%BCktour.djvu/5&oldid=- (Version vom 31.7.2018)