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wurde. Die Stiefel waren von schwerem Seidenstoff, mit Menschenhaaren durchflochten.

Nach den ersten Eingangsreden und nachdem ich all’ die seltenen Gegenstände betrachtet hatte, die rings an den Wänden und an der Decke angebracht waren, lud mich mein Freund ein, eine Friedenspfeife mit ihm zu rauchen.

„Dienstag,“ rief mein Freund mit lauter Stimme, und herein trat der Nigger mit dem scheuen Sklaventritte, und den mein Freund „Dienstag“ geheißen, weil er ihn eines Dienstags in der Wüste aus dem Kampfe mit sechs Tigern befreit und so erworben hatte.

„Quili!“ sprach mein Freund weiter. Welches Wort richtig auszusprechen sich mein Freund einer kleinen silbernen Pfeife bediente, die er stets am Halse trug.

Und nach drei Minuten erschien Dienstag mit zwei langen wohlgestopften Pfeifen.

Mein Freund lud mich ein, auf einem Sopha von Granit Platz zu nehmen, das mich auf egyptische Abkunft schließen ließ, und einen wunderbaren Flötenton von sich gab, sobald wir darauf Platz nahmen. Ich wollte mich nun als gemeiner Europäer ganz ordinär d’raufsetzen, was mir mein Freund mit einem beinahe höhnischen Kopfschütteln wehrte.

Nachdem er sich und mich mit einem chinesischen Strohhut bedeckt, nahm er mir gegenüber Platz, indem er seine beiden Beine auf meinen Leib stemmte, und meine Beine mit einer rapiden Gewandheit über seine Schultern warf. In dieser sehr bequemen Situation begannen wir unsern Tabak zu rauchen, der sich wie Kieselerde anfühlte und dann und wann blaue Flämmchen ausspie.

Schon vorher hatte ich mich gewundert, als mein Freund mir den Strohhut mit der langen peruanischen Hahnenfeder aufsetzte, wie sorgfältig er bedacht war, daß die Spitze der Feder nach hinten nickte. Ich frug ihn deshalb, und er erklärte mir, daß dies das Zeichen unverbrüchlichster Freundschaft sei, während die Spitze nach vorn die gräßlichste Feindschaft signalisire. Diese wilde Sitte gefiel mir außerordentlich.

Als unsere Friedenspfeifen ausgeraucht waren, biß mich mein Freund in das linke Ohrläppchen und riß mir ein Haar aus (abermals ein indischer Gebrauch unter Freunden), und frug mich, ob ich ein Albumblatt aus Chile sehen wolle. „O Gott!“ konnte ich nur stammeln.

Aus einem Rosenholzkästchen mit Fischzähnen verziert, holte mein Freund alsbald eine vertrocknete braune Menschenhand. Auf das Innere der Hand waren mehrere sonderbare

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Herbert König: Ein Besuch bei meinem Freunde Gerstäcker. Braun & Schneider, München 1853, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ein_Besuch_bei_meinem_Freunde_Gerst%C3%A4cker-Herbert_K%C3%B6nig-1853.djvu/3&oldid=- (Version vom 31.7.2018)