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Heiligen. Man kann sagen: dieser morgenländische Gottesdienst ist eine reine Versteinerung des früheren Zustandes geworden. Weil sie der Gemeinde blutwenig bietet, daher kommt der merkwürdige Umstand, daß diese Kirche eine Menge von Sekten hervorgebracht hat. Diese Sekten sind zum Teil noch mehr versteinert, wie der große Raskol (Schisma) in Rußland beweist, desen Anhänger, die Starowerzi oder Altgläubigen, nach Millionen zählen. Diese Spaltung kam daher, daß in der Liturgie der Name unseres Herrn Jesus in der russischen Aussprache allmählich in Issus übergegangen war, da er sonst Jissus ausgesprochen wurde. Nun wurde die ursprüngliche Form wiederhergestellt und darüber gab es eine Trennung, ein Schisma, das nun schon seit 1652 fortdauert. Andere Sekten sind mehr mystischer Art, einzelne tragen auch evangelisches Gepräge, wie die Stundisten, die durch Einfluß der aus Württemberg ausgewanderten Kolonisten entstanden sind und zu Privaterbauungsstunden um das Wort der Schrift sich versammeln. Sie sind eine der lieblichsten Erscheinungen der russischen Kirche, leider vielfach verfolgt.

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Ganz anders steht die römisch-katholische Kirche da. Sie ist bei allen Mängeln, die sie hatte, nie so völlig leblos, ja geistlich tot gewesen, wie man von der griechischen sagen kann. Auf sie hat die Reformation auch erheblich eingewirkt. Ich erwähnte schon, daß der Papst Paul IV. während seiner kurzen, nur 4jährigen Regierung in einem entscheidenden Moment die Erkenntnis gewann von der Notwendigkeit einer Reform. Er nahm sofort mit großer Energie eine Besserung der Kirche in päpstlichem Sinn in Angriff und so folgte die Periode der sogen. katholischen Restauration oder Wiederherstellung. Dieselbe bezog sich zunächst auch auf Sachen der Lehre. In der tridentinischen Kirchenversammlung 1545-1563 wurde die Lehre von etlichen der stärksten Auswüchse gereinigt; die Kirchenordnung wurde erneuert und festgestellt; das Missale romanum (das römische Meßbuch) erschien; ihm folgte das Brevarium romanum (das römische Gebetbuch der Geistlichen, das besonders die Horengebete enthält) und der Katechismus romanus, ein römisches Lehrbuch für die Schule. Das Alles hat die römische Kirche einer inneren Erneuerung und Kräftigung entgegengeführt. Auch auf das Gebiet der Heidenmission hat sich die Arbeit der römischen Kirche gerade in dieser Zeit unmittelbar nach der Reformation mit großer Tatkraft erstreckt. Den Namen des hervorragenden Missionars Franz Xaver, nannten wir schon. Nicht minder aber auf dem Gebiet der Liebestätigkeit traten bedeutende Männer auf mit großer Organisationsgabe ausgestattet und zugleich voll herzlicher Inbrunst und Frömmigkeit, Karl Borromäus, Erzbischof von Mailand, besonders auch Vinzenz von Paula, der 1618 den Orden der barmherzigen Schwestern gegründet hat. So fand eine Erneuerung der katholischen Kirche in der Zeit nach der