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während Luther auf der Wartburg war, in Wittenberg selber den Amts- und Gesinnungsgenossen Luthers, D. Karlstadt für sich zu gewinnen. Selbst Melanchthon wurde unsicher, weil diese Leute so gar sicher auftraten mit ihren angeblichen Geisteseingebungen. Auch Kaspar von Schwenkfeld stellte sich auf ihre Seite und ferner gehörte zu ihnen Thomas Münzer, der mehr auf sozialem Gebiet, in der Bauernbewegung tätig war. In Nürnberg hatten sie auch Anhänger, so den Schulrektor Johann Denk von St. Sebald, von dem bekannt ist, daß er, als er von dem geistlichen Ministerium über seinen Glaubensstand vernommen und ihm die Frage vorgelegt wurde, ob er glaube, daß Jesus Christus der Sohn Gottes ist, sagte: „Das weiß ich nicht; denn ich habe es noch nicht erfahren.“ Eine durchaus moderne Antwort, sodaß die Anschauung der Modernen durchaus nichts Neues ist, sondern ein alter Irrtum. Luther ist dieser Bewegung Herr geworden, dadurch daß er mit dem täglichen Predigen dagegen auftrat. Und so können wir sagen: Innerlich und äußerlich schritt sein Werk unter göttlicher Leitung sieghaft weiter und so konnte er nach der Rückkehr von der Wartburg vom Jahre 1522 an unbehelligt die 24 noch übrigen Jahre seines Lebens tätig sein. Wie ist das möglich gewesen? Wir sagen:


IV.

Durch göttliche sichtliche Bewahrung, die über dem Reformationswerk waltete.

Der Reichstagsabschied war gegeben; dadurch war Luther in die Acht erklärt. Der Kaiser war der mächtigste Mann, den es in der Welt damals gab, in dessen Reich die Sonne nicht unterging, da er auch Amerika beherrschte und doch ist er der Reformation nicht mächtig geworden. Das war eine sichtliche, göttliche Bewahrung. Gott hat es so eingerichtet, daß bald im Osten bald im Westen sich Feinde gegen den Kaiser erhoben, im Westen die Franzosen und im Osten die Türken. Schon im Jahre 1521 begann der 1. Krieg gegen den König Franz I. von Frankreich, der sein Nebenbuhler schon bei der Kaiserwahl gewesen war und von dem Habsburger Länderbesitz die Länder an sich gerissen hatte, in denen jetzt der Krieg an der Grenze zwischen Belgien und Frankreich tobt. Solange der Krieg währte, war es dem Kaiser nicht möglich gegen Luther vorzugehen. Im Jahre 1525 erlangte Karl V. durch die Landsknechte unter Frundsberg den berühmten Sieg in der Schlacht von Pavia, dem der Frieden von Madrid folgte. Sofort wendete er sich, nachdem er freie Hand hatte, gegen die evangelische Bewegung. Es war der Reichstag in Speyer beisammen; da wurde nun verlangt, daß das Wormser Edikt doch zur Ausführung komme. Aber zum Glück, während der Reichstag noch tagte, kam die Doppelkunde, daß im