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und weltliche Gedanken an das Reformationswerk anschlossen. So kam es, daß 1524 im Schwarzwald und im nächsten Jahre im Gebiete des Fürst-Abts von Kempten, begünstigt durch den Einfluß der benachbarten freien Schweiz, ein Bauernaufstand losbrach. Die Bauern stellten 12 Artikel der Bauernschaft Frankens und Schwabens auf, die Richtiges und Begründetes enthielten, auch die Forderung, dem Evangelium müsse von den Herren freie Bahn gelassen werden. Luther hat damals den Herren zugeredet, die wohlberechtigten Forderungen zu erfüllen, aber die Bauern gingen rasch weiter. Sie wendeten sich zum Aufruhr, begannen mit Sengen und Brennen die Schlösser und Güter ihrer Herren zu verwüsten. Einzelne der Ritter schlugen sich zu ihnen, wie Götz von Berlichingen. Luther hatte es in der Gewalt, diese Mengen für sich zu gewinnen, aber er hat nie nach Gunst der großen Haufen gefragt. Anfangs trat er für berechtigte Forderungen der Bauern ein, aber als sie revolutionär auftraten, wandte er sich von ihnen und schrieb wider die räuberischen und mörderischen Bauern. Es ist bekannt, daß der Theologe Thomas Münzer eine Herrschaft der Gläubigen jetzt schon auf Erden begründen wollte unter Abschaffung jeglicher Obrigkeit. Das half nicht wenig dazu, daß Luther auch von dieser Bewegung sich lossagte. Er wollte keine Revolution, er lehnte falsche Stützen ab.

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Eine andere Geistesrichtung schien vielmehr berufen, die Reformation zu stützen, der sogenannte Humanismus, das Bestreben, echt menschliche Bildung zu fördern auf Grund dessen, was die alten Völker (Griechen und Römer) einst hervorgebracht haben, da auf dem, was Griechen und Römer ersonnen und erschaffen haben, unsere Bildung und Kultur unmittelbar beruht. Wir können nicht ausführlicher von dieser Bewegung reden; das sei jetzt schon gesagt, daß die Humanisten der Reformation wesentliche Dienste geleistet haben, besonders dadurch, daß sie die Sprachen erforschten, in welchen die heilige Schrift ursprünglich geschrieben ist. Johann Reuchlin aus Pforzheim, ein Oheim des Philipp Melanchthon, hat die erste hebräische Grammatik oder Sprachlehre verfaßt und der Humanist Erasmus hat das griechische Neue Testament nach den ihm zugänglichen Handschriften im Druck herausgegeben. Nach diesem griechischen Testament des Erasmus hat Luther das Neue Testament ins Deutsche übersetzt. Aber freilich, es lag im Humanismus eine Gefahr, da er menschliche Bildung auf menschlicher Grundlage anstrebte, den Menschen zu sehr auf sich selbst und sein eigenes Wissen zu stellen. Dieser Gefahr ist der Humanismus mehrfach unterlegen, in Italien freilich viel mehr noch als in Deutschland. Anfangs haben sich die Humanisten der Reformation sehr freundlich gegenüber gestellt. Einer aus ihren Reihen, Melanchthon, ist der nächste Gehilfe Luthers im Reformationswerk geworden. Aber etwas anders stand das damalige anerkannte Haupt der Humanisten in Deutschland, Desiderius Erasmus