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darnach erließ er das sogen. Mailänder Edikt, das der christlichen Kirche ausdrücklich volle Duldung gewährte. Später erklärte er das Christentum für die Staatsreligion. Nun wandten sich die Heiden in Scharen dem Christentum zu, damit ist aber auch die Welt in die Kirche eingedrungen und die Kirche geriet in Abhängigkeit von ihr. Denn Konstantin wollte der Kirche nicht nur bedeutende Rechte und Freiheiten zugestehen, sondern nahm starken Einfluß auf die Kirche für sich und die kaiserliche Würde in Anspruch. Er berief im Jahr 325 die Kirchenversammlung von Nicaea und eröffnete sie mit einer Rede, obwohl er sich noch im Stande eines Katechumenen befand. Und so wurde von dem an die Kirche eine Staatskirche. Wir werden sagen dürfen, daß damit nach Gottes Zulassung, ja nach Gottes Willen, gewiß eine weite Tür aufgetan ward zum Reiche Christi und zum Heil, aber freilich gleichzeitig drang das Verderben mehrfach ein und die Kirche gestaltete sich nach Art eines weltlichen Staates. Man begnügte sich nicht mehr mit Bischöfen, sondern über den Bischöfen standen Erzbischöfe; über diesen die Patriarchen, deren man 5 zählte: in Antiochien, in Konstantinopel, in Rom, in Jerusalem und in Alexandria. Dadurch ist die Kirche wie ein weltliches Reich eingerichtet worden und das ist der Anfang eines stark gesetzlichen, äußerlichen Wesens in der Christenheit geworden. Von den Presbytern, den Aeltesten, die eigentlich das Amt des neuen Testamentes führten, gingen Stufen abwärts, das waren die niederen geistlichen Grade, die in den Weihen der römischen Kirche noch immer dargestellt sind, dann die Stufen aufwärts: die Bischöfe, die Erzbischöfe und Patriarchen. Eins fehlte nur noch, ein Oberhaupt an der Spitze, wie der Staat ein solches im König oder Kaiser hat.

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Das ist dann die letzte Entwicklung zur mittelalterlichen Papstkirche hin. Daß gerade in Rom das Papsttum aufkam, daß der Bischof von Rom den Anspruch erheben konnte, das Oberhaupt der ganzen Kirche auf Erden zu sein, das erklärt sich aus mancherlei geschichtlichen Verhältnissen. Die christliche Gemeinde in Rom genoß ein sonderliches Ansehen, weil sie in die Apostelzeit zurückreichte und weil nicht nur ein Apostel, sondern zwei, Paulus und Petrus, die beiden Säulen-Apostel, einst dort gewirkt und ihre Spuren zurückgelassen hatten. Dann kam hinzu das Ansehen der Hauptstadt des Reiches, ferner die Festigkeit, die die römischen Bischöfe in den schwierigsten Verfolgungszeiten öfter an den Tag gelegt hatten, dann die klare und sichere Haltung in Lehrstreitigkeiten, die sie mehrfach betätigten. Dieses an sich nicht unberechtigte Ansehen ist den Inhabern des römischen Bischofstuhles zur Gefahr geworden und sie haben es mißbraucht. Politische Verhältnisse kamen hinzu. Im Jahre 395 hat das bis dahin einheitliche römische Reich sich geteilt in das weströmische mit der Hauptstadt Rom und in das