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Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen

68 173—175. Die Articulationen des Kehlkopfs.


Stimmritze so weit geöffnet ist, dass sich neben dem Murmelklang auch ein Hauchelement bemerkbar macht.

6) Die einfache Verschlussstellung: die Stimmritze ist unter mässigem Druck verschlossen. Bei der Durchbrechung des Verschlusses entsteht ein ganz momentaner, stimmloser Knall, der stimmlose Kehlkopfexplosivlaut (vgl. 353 etc.).

7) Die Pressstellung: die Stimmbänder sind so fest auf einander gepresst, dass nur mit forcirtem Druck Luft durchgetrieben werden kann, diese aber doch die Stimmbänder zu (unreinen) Klangschwingungen erregt. Eine schwächere Pressstellung findet sich statt der gewöhnlichen Stimmstellung bei der Quetsch- oder Pressstimme der Bauchredner (80), aber auch sonst als Charakteristicum mancher Sprachen überhaupt (z. B. sehr deutlich im Somali). Eine forcirte Pressstellung zeigt wie es scheint das arab. ع‎ (354).

173. Was die Benennung der einzelnen Lautclassen mit Rücksicht auf diese verschiedenen Stellungen und Leistungen des Kehlkopfs anlangt, so hat man sich jetzt ziemlich allgemein dahin geeinigt, mit Trautmann alle diejenigen Laute als stimmhaft zu bezeichnen, welche mit irgendwie tönender Stimme gebildet werden. Alle übrigen Laute der gewöhnlichen ‘lauten’ Sprache heissen dem entsprechend stimmlose Laute. Als dritte Hauptgruppe gesellen sich hierzu die Flüsterlaute oder geflüsterten Laute; diese finden aber gewöhnlich nur in der Flüstersprache ihre Verwendung, und stehen da den stimmhaften Lauten der lauten Sprache parallel: beim lauten Sprechen werden eigentliche Flüsterlaute verhältnissmässig selten eingemischt. Für die laute Sprache besteht also im Allgemeinen nur der Hauptgegensatz von stimmhaft und stimmlos.

174. Statt stimmhaft und stimmlos pflegte man früher meist tönend und tonlos zu sagen mit Beziehung auf das Tönen oder Nichttönen der Stimme. Doch ist der Ausdruck tonlos missverständlich, weil er auch im Sinne von unbetont gebraucht wird. Es ist daher besser, die alte Terminologie ganz zu vermeiden, obwohl sie auch jetzt noch nicht ganz ausgestorben ist.

175. Die stimmhaften Laute zerlegen sich nach den Ausführungen von 172 wieder in mehrere Unterabtheilungen, die gegebenen Falles auch terminologisch auseinanderzuhalten sind. Vor allen Dingen ist der Gegensatz von vollstimmigen Lauten mit der Stellung 4 und von gemurmelten oder halbstimmigen Lauten mit der Stellung 5 im Auge zu behalten, zumal auch beim lauten Sprechen namentlich in unbetonten

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Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1901, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eduard_Sievers_-_Grundz%C3%BCge_der_Phonetik_-_1901.djvu/88&oldid=- (Version vom 23.5.2022)