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Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen

30 88. Die Murmelstimme. 89—91. Thätigkeit des Ansatzrohrs.


Hauche erscheinen z.B. bei der Bildung gewisser Aspiraten im Armenischen (436. 442), aber auch sonst neben echt stimmlosen ‘h’ (283).

88. Wie weit speciell bei der Bildung stimmhafter ‘Consonanten’ auch beim lauten Sprechen die Murmelstimme statt der Vollstimme verwendet wird, ist noch nicht genügend erforscht.

5. Die Thätigkeit des Ansatzrohrs.

89. Im Vorhergehenden wurde gezeigt, dass die Hauptaufgabe der Kehlkopfarticulationen darin besteht, für die Bildung ganzer Reihen von Sprachlauten (Vocalen, Liquiden, "stimmhaften’ Medien und Spiranten, also Vertretern durchaus verschiedener Lautclassen) ein gemeinschaftliches Element, die Stimme (bez. Murmelstimme, Flüsterstimme u. s. w.) zu liefern; bei anderen Lautreihen bleibt hinwieder der Kehlkopf ganz passiv (vgl. 28). Seltener liefert der Kehlkopf eigene Einzellaute (die sog. Laryngale, 178). In allen diesen Beziehungen verhält sich das Ansatzrohr abweichend: es ist niemals ganz passiv (d. h. ohne merkbaren Einfluss auf den Charakter des einzelnen Sprachlauts) und seine Articulationen ergeben stets nur Producte von wesentlich einheitlicherem Charakter, innerhalb deren nur noch etwa graduelle Unterschiede auftreten, die von der wechselnden Stärke des Stromdrucks abhängen, oder qualitative, die sich je nach der Betheili-

gung oder Nichtbetheiligung des Kehlkopfs an der Articulation ergeben.

90. Hat man z.B. dem Ansatzrohr die zur Bildung eines « nothwendige Articulationsform gegeben, so wird man unveränderlich immer nur wieder ein a hervorbringen, so lange man die gegebene Stellung festhält, mag man nun lauter oder leiser oder flüsternd, höher oder tiefer sprechen. Aehnliches kann man bei der Bildung eines f, s, ch, oder auch eines b—p d—t, g—k u. s. f. beobachten. — Uebrigens bedingen die graduellen Unterschiede meist auch zugleich kleine Aenderungen der Articulation, wie das stärkere Zusammenpressen der Lippen bei p als bei b etc. (vgl. 185).

91. Die Möglichkeit, verschiedene, scharf von einander absegrenzte Sprachlaute hervorzubringen, beruht also in erster Linie auf der Möglichkeit, dem Ansatzrohr verschiedene Articulationsformen zu geben. Diese werden demnach später bei der Besprechung der einzelnen Sprachlaute selbst die Aufmerksamkeit wesentlich in Anspruch nehmen: hier soll zunächst nur ein Fundamentalunterschied in der Form und der Wirkung der Articulationen überhaupt klargelegt und festgestellt werden.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1901, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eduard_Sievers_-_Grundz%C3%BCge_der_Phonetik_-_1901.djvu/50&oldid=- (Version vom 23.5.2022)