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Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen

68—70. Die Thätigkeit des Kehlkopfs. 25


jenen zusammengeworfen hat. Sie sind in Wirklichkeit vielmehr (wie bereits Chladni S. 216 richtig erkannte) sog. Sauglaute, d.h. Schälle die durch Abreissen einer angesaugten Druckfläche von einer Gegenfläche gebildet werden. Meist kommen solche Schnalze (so z. B. im Deutschen) nur als isolirte Interjectionen oder Lock- und Treibrufe vor; anderwärts, z. B. im Hottentottischen, treten sie aber auch als eigentliche Sprachlaute auf. Sie erscheinen dann regelmässig in Begleitung von Lauten exspiratorischer Bildung. Auch dies trennt sie von den oben gegebenen Beispielen von inspiratorischer Bildung, die sich stets auf ganze Silben, Wörter oder Sätze erstreckten.

4. Die Thätigkeit des Kehlkopfs.

68. Der erste Theil des Sprachorgans, welcher sich dem arbeitenden Druckstrom articulirend entgegenstellen kann, ist der Kehlkopf. Die Articulation besteht hier in der stufenweisen Verengerung der Stimmritze bis zu völligem Verschluss. Je nachdem mit diesen verschiedenen Verengungsgraden der Stimmritze verschiedene Grade des Luftdrucks combinirt werden, entstehen im Kehlkopf Geräusche oder Klänge verschiedenster Art. Man bezeichnet die ersteren als Kehlkopfgeräusche, die letzteren mit einem zusammenfassenden Namen als Stimme (Chladni 187 f.), engl. voice. ‘Stimme’ ist demnach jeder durch periodische Schwingungen der Stimmbänder hervorgebrachte musikalische Klang, einerlei welcher Höhe, Stärke u. s.w., und ganz abgesehen von seiner Verwendung zur Erzeugung verschiedener Sprachlaute.

69. Für das einfache Wort ‘Stimme’ wird vielfach auch das zusammengesetzte ‘Stimmton’ gebraucht, ohne dass jedoch unter dem letzteren irgend etwas anderes zu verstehen wäre, als was man gemeinhin auch ausserhalb der phonetischen Terminologie unter ‘Stimme’ versteht.

70. Von den Producten des Kehlkopfs schliessen wir hier zunächst diejenigen aus, welche als mehr oder weniger selbständige Einzellaute auftreten (die sog. Laryngale, s. darüber 178 etc.) und beschränken uns vorläufig auf die Besprechung derjenigen, welche als Ingredienzien der Schälle ganzer Reihen von Sprachlauten erscheinen. Unter diesen steht wenigstens beim gewöhnlichen lauten Sprechen die Stimme an Wichtigkeit voraus. Wir behandeln sie daher zuerst.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1901, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eduard_Sievers_-_Grundz%C3%BCge_der_Phonetik_-_1901.djvu/45&oldid=- (Version vom 11.5.2022)