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Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen

14 32. 33. Das menschliche Sprachorgan.


einander gelehnt sind und so eine auch von aussen leicht fühlbare Kante bilden. Nach hinten zu klaffen diese beiden Flügel soweit auseinander, dass sie die Platte des Ringknorpels zwischen sich aufnehmen können. Die hinteren Kanten der Flügel laufen nach oben zu je in einen hornförmigen Fortsatz aus. Vermittelst dieser Hörner hängt der Schildknorpel zusammen mit dem Zungenbein (os hyoideum), einem Knochen von der Gestalt eines Hufeisens, dessen Oeffnung wie die des Schildknorpels nach hinten zu liegt. Das Zungenbein gehört bereits nicht mehr zum Kehlkopf, doch bildet es für diesen wie der Ringknorpel eine Hauptstütze.

32. Ueber die Lage der drei besprochenen festen Theile kann man sich leicht durch Betasten des Kehlkopfs unterrichten. Geht man auf der vorderen Kante des Schildknorpels (des Adamsapfels also) mit der Fingerspitze aufwärts, so gelangt man über eine nachgiebige Stelle hinweg auf den nach vorn zu liegenden Bogen des Zungenbeins, dessen beide Arme sich dann ziemlich weit nach rechts und links verfolgen lassen. Geht man umgekehrt auf dem Grat des Schildknorpels abwärts, so stösst man auf den vordern schmalen Rand des Ringknorpels, der sich durch seine grössere Widerstandsfähigkeit gegen den Druck leicht von den Knorpelringen der Luftröhre unterscheiden lässt, die sich nach unten an ihn anschliessen.

33. Der durch Ring- und Schildknorpel umschlossene Hohlraum ist durch Muskeln und Schleimhäute derartig ausgekleidet, dass man das Ganze als eine Röhre betrachten kann, aus deren Hinterwand ein Stück herausgeschnitten ist. Auf der Basis dieses Ausschnitts, also auf dem obern Rande der Platte des Ringknorpels, sind zwei kleine Knorpel von dreieckiger Grundfläche verschiebbar und drehbar befestigt, die Stellknorpel (auch Giessbeckenknorpel oder Giesskannenknorpel, cartilagines arytaenoideae). Von den drei Ecken ihrer Grundfläche springt je eine in den Hohlraum der Röhre vor; sie wird bezeichnet als der Stimmfortsatz (processus vocalis). Die beiden andern sind für uns gleichgültiger. Von den beiden Stimmfortsätzen aus ziehen sich von hinten nach vorn quer durch die Röhre hindurch zwei mit Schleimhaut überkleidete Muskelbündel, die Stimmbänder (chordae vocales). Nach vorn zu sind dieselben unmittelbar neben einander in der Höhlung des Schildknorpels angeheftet, nach rechts und links laufen sie in die Seitenwände der Röhre aus. Diese wird also durch die von beiden Seiten aus vorspringenden Stimmbänder bis auf einen in der Richtung von hinten nach vorn verlaufenden Spalt von wechselnder Breite verengt, die Stimmritze (glottis, auch glottis vera im Unterschied von der nachher

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Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1901, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eduard_Sievers_-_Grundz%C3%BCge_der_Phonetik_-_1901.djvu/34&oldid=- (Version vom 23.5.2022)