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Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen

20—25. Allgemeine akustische Sätze. 11


Schwingungszahl 1) nennt man dessen Grundton. Nach ihm wird die Tonhöhe des ganzen Klanges bemessen. Die übrigen Theiltöne heissen, weil sie in der musikalischen Scala über dem Grundton liegen, auch die (harmonischen) Obertöne.

Dem ungeübten Ohre verschmelzen die Theiltöne eines Klanges leicht zu einer durchaus einheitlichen Empfindung; doch kann man ihr gleichzeitiges Vorhandensein im Klange durch Hülfsapparate (Resonatoren) leicht nachweisen.

20. Die Farbe eines Klanges hängt nach 17 ff. von der Art ab, wie in ihm verschiedene Theiltöne gemischt sind, oder mit andern Worten von der verschiedenen Anzahl und Stärke seiner Theiltöne. Sie kann also durch Verstärkung, Schwächung oder gänzliche Beseitigung eines oder mehrerer Theiltöne willkürlich verändert werden. Hierzu bietet sich ein Hauptmittel in der Resonanz.

21. Jeder überhaupt zur Klangerzeugung fähige Körper hat einen Eigenton (z. B. also eine Saite eines Streichinstruments oder eines Claviers, aber auch jeder begrenzte Luftraum).

22. Wird ein Körper von den Schallwellen eines Klanges getroffen, in welchen ein dem Eigenton des Körpers gleicher oder doch nahezu gleicher Theilton enthalten ist, so wird der Körper zum Mittönen erregt. Dadurch wird der betreffende Theilton verstärkt, und infolge davon auch die Farbe des gesammten Klanges verändert.

23. Je elastischer der zum Mittönen bestimmte Körper ist, um so besser ist er für seinen Zweck geeignet. Insonderheit sind daher begrenzte Lufträume, Resonanzräume, dazu anwendbar. Diese haben aber zugleich noch die Eigenschaft, den Durchgang von Tönen, die nicht mit dem Eigenton des Hohlraums zusammenfallen, mehr oder weniger verhindern, d.h. diese Töne, falls sie durch den Hohlraum durchgeleitet werden sollen, dämpfen zu können.

24. Auch die Geräusche sind Gemische von Tönen, nur stehen diese Töne nicht in dem harmonischen Verhältniss zu einander wie die Theiltöne der Klänge (daher die Unregelmässigkeit der — nicht periodischen — Schwingungsform).

Es versteht sich aber von selbst, dass auch die unharmonischen Töne, aus denen ein Geräusch zusammengesetzt ist, der Verstärkung durch Resonanz und der Dämpfung fähig sind.

25. Resonanzräume von veränderlicher Gestalt und veränderlichem Rauminhalt werden bei den meisten Blasinstrumenten

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1901, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eduard_Sievers_-_Grundz%C3%BCge_der_Phonetik_-_1901.djvu/31&oldid=- (Version vom 23.5.2022)