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Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen

553—555. Druckgrenze vor, nach und im Consonanten. 211


als hat-ërs.., und ha-tërs... (daneben haben wir auch noch eventuell hatᵊrs... für hat er’s gethán? mit Nachdruck allein auf gethán). Doch verschiebt sich auch oft, ja meist, die Silbengrenze in geläufiger Rede, sobald die strenge begriffliche Scheidung der einzelnen Worte ignorirt wird, und es treten die allgemeinen Trennungsregeln in Kraft.

553. Stehen mehrere Consonanten, die nach 527 nicht einen Silbenanlaut bilden können, zwischen zwei Sonanten, so liegt die Druckgrenze in der Regel zwischen zwei von den Consonanten, also z. B. in hal-me, ach-te zwischen dem l und m bez. ch und t. Dass wir es auch hier nicht mit einer blossen Schallgrenze zu thun haben, folgt schon daraus, dass das m bez. der Verschluss des t mit den vorausgehenden Lauten zu einer Silbe verbunden werden können, halm, acht (ohne die Explosion des t). Eine Schallgrenze hätte bei continuirlicher Exspiration erst in dem m und nach dem Verschluss des t eintreten müssen, da aber in unserem Falle die Silbengrenze deutlich vor dem m, t liegt, so kann es sich eben nur um eine willkürliche Druckgrenze handeln.

554. Wie viele Consonanten bei grösseren Gruppen zur vorausgehenden und wie viele zur folgenden Silbe zu ziehen seien, darüber lassen sich bestimmte Regeln nicht aufstellen. Die Gewohnheiten der einzelnen Sprachen weichen hier stark von einander ab.

b. Druckgrenze im Consonanten.

555. Diesist der Fall bei der sogenannten Gemination. — Um den Begriff der Gemination richtig feststellen zu können, müssen wir zunächst daran erinnern, dass die Mehrzahl der deutschen Mundarten die durch Verdoppelung des Zeichensausgedrückten Lautenichtmehr als Geminaten, sondern als einfache und kurze Fortes ausspricht: Amme, alle, Wasser, hoffe, Hacke, Knippel, gesprochen ắm̍ᵊ, ắl̍ᵊ, wắs̍ᵊr u.s.f. (vgl. oben). Ebenso kennen das Englische ausser bei der Composition, das Französische ausser bei gelehrten Wörtern (wie grammaire etc.), sowie die slavischen Sprachen im Allgemeinen keine Gemination mehr. Dagegen sind z. B. das Italienische, auf germanischem Boden das Schwedische, das Deutsch der baltischen Provinzen, sowie einige Schweizermundarten, von nicht-indogermanischen Sprachen das Magyarische

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1901, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eduard_Sievers_-_Grundz%C3%BCge_der_Phonetik_-_1901.djvu/231&oldid=- (Version vom 15.7.2022)