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Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen

208 541—545. Die relative Druckstärke der Silbenglieder.


zweiter Stelle haben, für einsilbig gelten; das s mag hier grössere Druckstärke haben als das a, aber seine Schallfülle ist wegen seiner Stimmlosigkeit doch so gering, dass wir es nicht als silbisch empfinden, sondern dem a die Stelle des Sonanten einräumen. Uebrigens sind alle solche Fälle in der empirischen Sprache sehr ungewöhnlich, im Allgemeinen gehen die Abstufungen der Druckstärke und der Schallfülle zusammen (524).

541. Die wechselnde Druckstärke der Drucksilbe wirkt jedoch nicht nur auf das Verhältniss der einzelnen Silbenglieder unter einander ein, sondern auch auf die Bildung der Einzellaute selbst, insofern ein jeder Einzellaut entweder mit gleichmässiger oder zunehmender oder abnehmender Stärke hervorgebracht werden kann, oder mit Combinationen dieser drei Grundformen, die wir nach Sweet mit a=, a<, a> bezeichnen wollen.

542. Am deutlichsten sind diese Abstufungen beim Flüstern wahrzunehmen, weil man dadurch die störenden Einwirkungen etwaiger Tonhöhenänderungen entfernt (Sweet S. 58).

543. Steht ein Laut wie a= am Ende einer Silbe, so wird er nach dem zu Eingang Bemerkten stets einen, wenn auch noch so kurzen DecrescendoAbschluss haben, also a=>; folgt aber ein anderer Laut, so kann natürlich auch ein reines a= gebildet werden.

544. Die Consonanten vor dem Sonanten der Silbe werden in der Regel crescendo gebildet, die nach dem Sonanten decrescendo, also z. B. n<a, an>, n<an>. Bei den Sonanten herrscht Decrescendo vor, und zwar um so mehr, je länger der Sonant ist (man vergleiche z. B. die Stärke der t in satt und Saat, welche sich nach derjenigen des Ausgangs des a richtet (445 etc.). Doch hört man auch bisweilen a<, z. B. wie Sweet bemerkt in der freudiges Erstaunen ausdrückenden Inter- jection ah!, welche als a< oder a<=> zu bezeichnen ist (wie namentlich die Flüsterprobe deutlich zeigt.

545. Für den einheitlichen Charakter der Drucksilbe ist, wie bereits 521 u. ö. angedeutet wurde, Continuität der Druckstärke massgebend, d. h. sowohl a= wie er a>, a=>, a< und a<=> rufen den Eindruck der Einheit hervor, aber a oder a<< (genauer a<><> etc. u. dgl. klingen zweitheilig, auch wenn nicht die geringste Pause zwischen den beiden Theilen liegt (Sweet S. 59).

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1901, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eduard_Sievers_-_Grundz%C3%BCge_der_Phonetik_-_1901.djvu/228&oldid=- (Version vom 14.7.2022)