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Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen

460—464. Berührungen homorganer Laute. 179


458. Ueber Verbindungen wie p—b, t—d, k—g oder umgekehrt b—p, d—t, g—k s. 563; über pn in engl. open u.ä. s. 466.

459. Ganz nahe stehen diesen Verbindungen solche von Verschlusslauten mit beliebigen Consonanten, wenn die Silbengrenze zwischen beide gelegt wird, also die Oeffinung in einem Augenblicke stattfindet, wo höchstens minimaler Stromdruck vorhanden ist; wir sprechen oft so ablassen, absagen, auch geradezu vor Vocalen, hat aber etc. (nicht in Süddeutschland und der Schweiz, wo der Consonant stets zum Folgenden gezogen wird); vgl. 551.

Cap. 22. Berührungen homorganer Laute.

460. Für die Verbindung eines Dauerlauts mit einem (ganz oder theilweise) homorganen Verschlusslaut gilt wohl ausnahmslos die Regel, dass die Verschlussbildung von der homorganen Engenbildung ausgeht, nicht erst durch einen Rückgang der Organe durch die Ruhelage vermittelt wird. So schliessen sich fp, st, št, rt, xk unmittelbar an einander; ähnlich lt, indem die Zungenspitze in der l-Lage bleibt und nur die Seitenöffnungen geschlossen werden; bei mp, nt, ꬻk wird nur die Gaumenklappe geschlossen, u.s.w.

461. GehtderVerschlusslaut dem Dauerlautvoran, so gilt dies Gesetz ohne Einschränkung nur dann, wenn der Dauerlaut die Explosion in der Richtung der Mittellinie des Mundes gestattet, also für pf, ts, , tr, kx u.s.w. Liegt aber: die Enge des Dauerlauts nicht in der Mittellinie der Mundhöhle, so ist das Gesetz nur von beschränkter Gültigkeit, offenbar weil durch die veränderte Explosionsweise der Charakter des Explosivlauts selbst stärkeren Veränderungen unterliegt. Von solchen kommen hierbei vornehmlich in Betracht:

462. 1. Die laterale Explosion der (namentlich vorderen) Zungengaumenlaute vor l, also dl, tl (in allen Arten) und kl (namentlich bei palatalem c). Hier bleibt die Zunge in der Verschlussstellung, die Explosion erfolgt seitwärts, indem die Ränder der Zunge sich für das l von den Zähnen abheben. Wegen der Aehnlichkeit der Articulation schliesst sich auch nl hier an.

463. Die Verbindung el mit lateraler Explosion hört man oft in Sachsen, z. B. glauben, gesprochen clau-m oder clö-m u. dgl. Sie geht übrigens sehr oft in tl über; man spricht also auch geradezu tlö-m.

464. Auch bei der Bildung anderer Laute kann die specifische l-Articulation vorausgenommen werden (vgl. 495), aber die eigentliche Articulation dieser Laute wird dadurch nicht so sehr afficirt. Bei einer Verbindung wie pl, bl findet zwar bei Vorausnahme der l-Articulation

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1901, Seite 179. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eduard_Sievers_-_Grundz%C3%BCge_der_Phonetik_-_1901.djvu/199&oldid=- (Version vom 13.6.2022)