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Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen

430—432. Sonore und Spiranten. 169


Nasalen analog, d. h. die Stimme wird in der Regel continuirlich durch die Lautverbindung durchgeführt, und während ihrer Dauer die Umstellung der Mundorgane vollzogen; also auch hier herrscht der directe Uebergang vor. Der einzige Unterschied zwischen unserer Gruppe und den Gruppen mit Liquida oder Nasal besteht darin, dass bei den Spirantenverbindungen schallbildende Engen im Ansatzrohr hergestellt werden müssen an Stelle der nicht schallbildenden Engen bei den erstgenannten Lauten. Da übrigens manche Sonorlaute, namentlich die r und manche Halbvocale mit starker Engenbildung, leicht accessorische Nebengeräusche entwickeln, andererseits die specifischen Geräusche der Spiranten durch Reduction häufig geschwächt werden, so ergibt sich leicht, dass die beiden Gruppen sich vielfach berühren können.

430. Stimmlose Spiranten. Bei diesen muss neben der Aufhebung bez. Bildung der spirantischen Enge (saas) auch noch der Einsatz bez. Absatz der Stimme ausgeführt werden.

431. Im Deutschen ist es üblich, die Stimme plötzlich einbez. abzusetzen, und genau gleichzeitig mit der ebenfalls rasch ausgeführten Umstellung der Mundorgane, wenn der Sonorlaut silbisch ist, z. B. also in Verbindungen wie sa, as. Die Verbindung geschieht also mittelst des directen Uebergangs. Gehauchter Uebergang ist seltener; abgesehen von Fällen der Composition von Grenzlauten ursprünglich getrennter Silben, wie sʿat für es hat (399), finden sich im Deutschen gelegentlich Typen wie aʿs mit schwachem Hauch zwischen a und s. Sie entstehen dadurch, dass die spirantische Enge für das s etwas später gebildet wird, als die Stimme aussetzt. Auch die armenischen ‘aspirirten Affricatae’ (455) haben bisweilen einen deutlichen Hauch zwischen der Spirans und dem folgenden Vocal, t͑sʿ a, t͑šʿ a etc. Festen Uebergang, aʾs, finden wir in Sprachen mit sog. ‘Stosston’ (585 ff.).

432. Ist der Sonorlaut aber unsilbisch, so wird er durch den stimmlosen Nachbarlaut häufig ebenfalls stimmlos gemacht, wenigstens setzt bei Verbindungen wie sla, sna die Stimme oft erst nach der Einstellung des Mundes für l, n etc. ein, sodass der Eingang des l, n noch stimmlos gebildet wird. In Gruppen wie als, ans findet dann das umgekehrte Verhältniss statt: die Stimme erlischt, ehe die Einstellung für l, n aufgehoben wird; wir erhalten dann l, n mit stimmlosem Ausgang. Ob diese stimmlosen Ein- und Ausgänge spirantische Reibegeräusche

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1901, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eduard_Sievers_-_Grundz%C3%BCge_der_Phonetik_-_1901.djvu/189&oldid=- (Version vom 12.6.2022)