Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen | |
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168 | 427.428. Vocale, Liquidae u. Nasale. 429. Sonore u. Spiranten. |
Fällen die unsilbischen Glieder der Verbindungen sind.
Dass wir Gruppen wie ar, al, am, an, aꬻ (genauer geschrieben
ar̯, al̯, am̯, an̯, aꬻ̯, um die unsilbische Geltung des an zweiter
Stelle stehenden Sonorlauts zu bezeichnen) nicht auch als
‘Diphthonge’ auffassen, liegt grossentheils bloss an der Gewohnheit,
l, r, m, n, ꬻ als ‘Consonanten’ zu bezeichnen, die
mit einem ‘Vocal’ nicht eine derartig homogene Verbindung
eingehen können wie zwei ‘Vocale’ unter einander. Eine gewisse
praktische Berechtigung hat allerdings die Abtrennung
dieser Verbindungen von den vocalischen Diphthongen, weil
nämlich die Liquidae und Nasale ihrer Articulation und ihrem
Klange nach von den Vocalen so weit abstehen, dass sie mit
denselben für unsere Empfindung nicht zu einer so homogenen
Lautmasse zusammenschmelzen, als das bei reinen Vocalverbindungen
möglich ist. Am besten verschmilzt noch das l,
namentlich wenn es starke Oeffnung hat (darum gehen al, ol so
häufig geradezu in au, ou, anderwärts in ai, oi etc. über). Auch
die ungerollten r geben sehr einheitlich klingende Verbindungen,
bei den gerollten bringt das Rollen, bei den Nasalen der Nasalklang
etwas dem Vocale nicht Homogenes, und deshalb mehr
als getrennt Empfundenes in die Verbindung. Aber Nasalvocal
+ Nasal klingen wieder gut einheitlich.
427. Zweisilbige Verbindungen von Vocal + Liquida oder Nasal bedürfen hier keiner weiteren Erörterung.
428. Ueber diese Verbindungen ist an dieser Stelle kaum etwas zu bemerken, da Erörterungen über ihre relativen Functionen als Sonanten und Öonsonanten erst weiter unten angestellt werden können. Ebenso wird über die sogenannte (semination erst 555 ff. das Nöthige zur Sprache gebracht werden.
429. Stimmhafte Spiranten. Diese verhalten sich bezüglich des ihnen mit den Sonoren gemeinschaftlichen Factors, der Stimme, durchaus den ‘Halbvocalen’ (422), Liquiden und
Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1901, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eduard_Sievers_-_Grundz%C3%BCge_der_Phonetik_-_1901.djvu/188&oldid=- (Version vom 12.6.2022)