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Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen

154 393. 394. Ein- und Absätze der Vocale.


das Zeichen des griech. Spiritus asper ʿ verwendet werden. — Andrerseits kann aber auch der Kehlkopf während der Dauer des Hauchs mehr oder weniger absichtlich in eine Stellung gebracht werden, welche ein Reibungsgeräusch erzeugt: dann entstehen Reibe-h (Ellis wheezing glottid), die man etwa direct durch ḥ' graphisch andeuten kann. Solche ḥ' kommen, namentlich bei lauterem Sprechen, auch im Deutschen vor. Sie können an sich wieder nach der Stärke des Reibungsgeräusches verschieden sein. Vgl. hierzu namentlich noch 178. 282 ff. 353. — Endlich kann auch die Stimmritze vor dem Einsetzen der Vollstimme in eine Stellung gebracht werden, bei der eine leise, hauchdurchsetzte Murmelstimme (87) gebildet wird. Dann entstehen stimmhafte h oder stimmhaft gehauchte Einsätze. Ueber sie vgl. noch 283 ff., über das arab. ع s. 354.

393. Dieselben Erscheinungen wiederholen sich am Aussang der Vocale, und wir haben demnach einen festen, einen leisen und (stimmlos) gehauchte Vocalabsätze zu unterscheiden. Bei dem leisen Absatz hört entweder die Exspiration auf, während die Stimmbänder noch ruhig in ihrer Lage verharren, oder gleichzeitig mit der Oeffnung der Stimmritze (bei weniger sorgfältiger Articulation entsteht aber leicht statt des leisen Absatzes der leise gehauchte Absatz, der auch im Deutschen nicht selten ist). Beim festen Absatz dagegen, den wir mit ʾ am Schlusse des Vocals bezeichnen, wird der noch kräftig ertönenden Stimme durch plötzlichen, energischen Verschluss ein Ende gemacht, an den sich dann eventuell sofort wieder eine Explosion anschliesst. Wir gebrauchen diesen Absatz z.B. wo wir zwei benachbarte, namentlich gleiche Vocale scharf von einander trennen wollen, ferner in solchen in ärgerlichem Affect gesprochenen Wörtchen wie daʾ!, noʾ!, oft auch in dem zweifelnden jaʾ!, naʾ! Den hauchenden Absatz, bei dem nach Oeffnung der Stimmritze die Exspiration noch eine Zeit lang fortdauert (der sanskritische Visarga), wenden wir ebenfalls oft bei stark betonten auslautenden kurzen Vocalen an, wie in jaʿ, daʿ. Die Stärke des Hauchs ist dabei in den einzelnen Fällen sehr verschieden und bedarf stets der genaueren Specialisirung.

394. Nicht ganz selten ist auch die Verbindung zweier Ein- oder Absätze; so hört man oft statt des eben angeführten daʾ auch daʾʿ mit sehr starkem Hauch; geläufiger aber als im Deutschen ist diese Verbindung z. B. im Dänischen, welches auslautende Vocale mit gestossenem Ton (585 ff.) vielfach in dieser Weise ausgehen lässt (z. B. påʾʿ, neiʾʿ neben påʾ, neiʾ u.dgl.).

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1901, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eduard_Sievers_-_Grundz%C3%BCge_der_Phonetik_-_1901.djvu/174&oldid=- (Version vom 8.6.2022)