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Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen

138 354.355. Die Verschlusslaute: Laryngale. 356.357. Arten ihrer Bildg.


z.B. auch im Deutschen, tritt Stimmritzenschluss und -explosion nur als eine der verschiedenen Wechselformen des Ein- bez. Absatzes von Vocalen und andern Lauten auf (vgl. 385. 365 etc.). Wiederum anderwärts dient dieser Vorgang auch accentuellen Zwecken (bei dem sog. Stosston, 585 ff.). Aus dieser Verschiedenheit der Function erklärt sich auch die Verschiedenheit der Bewerthung unseres Lautes in der phonetischen Literatur, die ihn theils als selbständigen Sprachlaut, theils als mehr oder weniger secundäre Begleiterscheinung betrachtet, ohne dass jedoch die Auffassung des phonetischen Vorgangs selbst dadurch tangirt würde.

354. Eine stimmhafte Parallele zu ʾ und (346) scheint das semit. Ajin (arab. ع) zu sein. Dieser Lautbeginnt, wenigstens im Anlaut, wohl zweifellos mit Kehlkopfschluss, aber dieser ist viel stärker forcirt als beim ʾ (172, 7), und zwischen Explosion und Folgelaut schiebt sich daher ein Stück forcirter Pressstimme ein, so dass das ganze als stimmhafter Kehlpresslaut (175) bezeichnet werden kann. Der Grad der Pressung wechselt übrigens z. B. in den verschiedenen arab. Dialekten ziemlich stark: je stärker und deutlicher das Hamza articulirt wird, um so stärker gepresst ist auch das ع, und umgekehrt, sodass manchmal das £ kaum etwas anderes ist als ein etwas stärkeres Hamza. Auch hier ist noch genauere Untersuchung erforderlich, zumal im Inlaut kein Verschluss zu bestehen scheint.

355. Ueber die faucalen Explosivlaute s. 168 ff. und 465 f.

B. Die Verschlusslaute nach den verschiedenen Arten ihrer Bildung.

356. Bei allen Verschlusslauten wird nach der Bildung des Verschlusses die Luft im Mundraum (bez. bei den laryngalen ʾ und ع‎, 354 f. die Luft im Lungenraum unterhalb der Stimmritze) auf irgend eine Weise comprimirt, und diese verdichtete Luft erzeugt dann bei der Aufhebung des Verschlusses das charakteristische Platzgeräusch der Verschlusslaute.

357. Bei den stimmlosen Verschlusslauten wie p, t, k ist dieser Knall der einzige Schall, der überhaupt erzeugt wird. Bei den stimmhaften, wie rom. slav. b, d, g, tritt während der Dauer des Verschlusses und der Explosion noch der Stimmton hinzu. Man bezeichnet diesen hier wohl als Blählaut, weil die zur Stimmbildung durch die Stimmritze getriebene

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Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1901, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eduard_Sievers_-_Grundz%C3%BCge_der_Phonetik_-_1901.djvu/158&oldid=- (Version vom 6.6.2022)