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Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen

303—305. Die Liquidae: 1, b. Alveolare r. c. Dentale r. 119


ungerolltem r mit dem von gespanntem und ungespanntem r zusammenträfe.

303. Das entsprechende spirantische ungerollte Alveolar-r findet sich ebenfalls im Englischen sehr häufig, Es hat seine Hauptstelle in den Lautverbindungen tr und dr wie ın try, street, dry u. s. w. Beim t und d sperrt hier nämlich die Zunge in der r-Lage die Mundhöhle vollkommen ab; wenn sich nun beim Uebergang zum r die Zunge nicht schnell genug vom Gaumen entfernt oder der Luftdruck nicht augenblicklich auf das für r gebührende Mass reducirt wird, so entsteht an der Enge zwischen Zungensaum und Gaumen ein dem engl. sh ähnliches Reibungsgeräusch, das sich mit dem Stimmton zu dem spirantischen r verbindet. Nach stimmlosen Lauten wie t, p wird das r vielfach stimmlos, wenigstens in seinem Anfang, erst beim Uebergang zum Vocal tritt Stimme hinzu.

304. Dies ist die gewöhnliche Aussprache des engl. tr, und so erklärt es sich, dass Wörter wie tr̬ied für ein ungeübtes Ohr nicht immer leicht von solchen wie chide zu unterscheiden sind; doch hat der Zischlaut im ch dorsalen, der in tr deutlich coronalen Charakter (s. 333). Stimmloses r ohne deutliches Engenreibungsgeräusch hat das Englische namentlich oft in der Verbindung pr̬, cr̬ wie in pr̬ide, cr̬ow, als Sonanten hört man es in Lautfolgen wie I pr̬opose (gesprochen aï pr̬poᵘz, wenn nicht das r ganz übergangen und nur p’p mit doppelter Explosion gesprochen wird! und ähnlichen. — Ueber als stimmloses r s. 512.

c. Dentale r.

305. Weit seltener als alveolare r sind dentale r im eigentlichen Sinne des Wortes, bei denen der Zungensaum gegen die untere Kante oder die Hinterfläche der Oberzähne articulirt, ohne sich in specifischer Weise den Alveolen zu nähern (interdentale und postdentale r). Aus eigener Beobachtung kenne ich von dieser Gruppe nur die r des Irisch-Englischen in den Verbindungen tr, thr, dr, wie in {{lang|en|try{{lang|en|, street, three, dry, die mit rein dentalem t, d einsetzen. Die r sind hier leicht gerollt, nach d stimmhaft, nach t und th (das ebenfalls als dentaler Verschlusslaut gesprochen wird) stimmlos. Anderes s. bei Storm² S. 64 (wo aber zum Theil überweit gebildete [reducirte, 500] ð-Laute mit untergelaufen zu sein scheinen).

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1901, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eduard_Sievers_-_Grundz%C3%BCge_der_Phonetik_-_1901.djvu/139&oldid=- (Version vom 30.5.2022)