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Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen

Vorwort. IX


auf Grund der Selbstbeobachtung kann dem Sprachwissenschafter bei seiner Thätigkeit nützen, und zu solcher Selbstbeobachtung eine Anleitung zu geben, ist die Hauptaufgabe dieses Büchleins. Wer aus dem darin niedergelegten Material ernstlichen Nutzen ziehen will, dem ist daher vor allem zu rathen, dass er bei der Durcharbeitung von Anfang an jedes gegebene Beispiel sich so lange vorspreche oder vorsprechen lasse, bis er sich ein eigenes Urtheil über die Richtigkeit der betreffenden Angaben erworben hat. Dabei sei er sich stets bewusst, dass er das fremdsprachliche Material zunächst nicht um dessen selbst willen sich aneignet, sondern um daran ein erstes Hülfsmittel zum Studium der eigenen Sprache zu haben. Nur wer auf diesem Boden sicher steht, versuche sich an weiteren, aber stets zusammenhängenden Beobachtungen. Erst wenn er auf diese Weise sich einen Einblick in die Entwickelungsreihen lebender Sprachen verschafft hat, gehe er dazu über, Probleme aus der Lautgeschichte früherer Sprachperioden vom phonetischen Standpunkte aus zu betrachten. Andernfalls dürfte die verfrühte Anwendung phonetischer Sätze in der Sprachwissenschaft mehr Schaden als Nutzen bringen.

Tübingen, 14. October 1885.

E. Sievers.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1901, Seite IX. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eduard_Sievers_-_Grundz%C3%BCge_der_Phonetik_-_1901.djvu/13&oldid=- (Version vom 23.5.2022)