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bestunden: 1. aus einem Lehrer der innerlichen Praxis, 2. aus einem Lehrer der Anatomie, worzu ich mich vorschlug, 3. aus einem Lehrer der Chirurgie. Es setzte noch jemand[1] einen Lehrer der Physiologie darzu, welcher aber abgeschlagen wurde.“ Der Vortrag Pitschels wurde nun zur Beförderung an den König ausgefertigt. „Einer der vornehmsten im Collegium unterzeichnete ihn mit. Als er dieses gethan hatte, fiel ihm ein, daß er ein starkes Vorwerk gekauft hatte, wo er eine neue Scheune bauen mußte, und darzu könnte er das zum innern Baue des Collegii vom Festungsbauschreiber vorgeschlagene bereit liegende viele Holz gut nützen. Er ging also gleich aus dem Collegio, setzte sich in seinen Wagen, fuhr nach Hofe und bat sich von Ihrer Majestät dieses Holz aus, erhielt es, und nun wurde um einer Scheune willen nicht mehr an unsern Bau gedacht, und alle Arbeit war umsonst.“

Im folgenden Jahre 1744 brach der zweite schlesische Krieg aus, an dem Pitschel theilnahm, und so schien es mit der geplanten Lehranstalt vorbei zu sein, bis nach dem Kriege 1746, wie erwähnt, der Herzog von Weißenfels starb und anatomische Präparate hinterließ, die mit nach Dresden genommen wurden. Nun fängt für das Collegium med.-chir. der ehemalige herzoglich Weißenfels’sche Leibchirurgus Günther, seit 1746 königlicher Hofwundarzt in Dresden, eine maßgebliche Rolle zu spielen an, die freilich von Pitschel in ein sehr zweifelhaftes und düsteres Licht gesetzt wird. Dieser fährt fort zu erzählen: „Als ich einsmals bei ihm (nämlich bei Günther) war, sagte er mir: Wissen Sie was? Wir werden wohl noch ein Collegium medico-chirurgicum bekommen. Der Graf Hennike ist sehr dafür. Ich habe ihm von Ihrem Plane gesagt, und die ganze Geschichte vor drei Jahren erzählet, und er will Ihren Plan sehen. Wollen Sie mir ihn anvertrauen? Ich antwortete: Daß aber mein Plan unter meinem und keinem andern Namen hingegeben wird. (Denn ich kannte seine Tücke.) Er schwur mir, bei allem, was ihm heilig hieß, zu, daß es geschehen sollte. Ich gab ihm den Plan und die Zeichnung, mit meinem Namen wohl dreimal unterschrieben. Er hielt sein Wort nicht, hatte den Plan unter seinem Namen abschreiben lassen und unter der Zeichnung meinen Namen ausgekratzt und seinen drunter geschrieben. Bald darauf kam ein Befehl von Ihro Majestät: Da der Plan, den der Hofwundarzt Günther übergeben hätte, von Ihro Majestät genehmigt worden wäre, so sollte das Geheime Kriegsraths-Collegium ihn, nach Vorschrift, so bald als immer möglich, ausführen[2]. Es ging sehr langsam damit zu, und Ihro Majestät reisten indessen nach Polen....Zum Glück ist einer von den Herren Räthen[3], welchen mein Plan noch in Andenken stehet, gut für mich gesinnt und erzählt die ganze Sache mit dem Zusatze, daß Günther mir keinen rechtschaffenen Streich gespielet hätte.... Von ungefähr fragen Ihro Majestät in Polen, ob auch fleißig in Dresden gelesen würde? man antwortet, man hoffe es, schickt aber gleich eine Estafette nach Dresden, zu erinnern, daß den Augenblick zu lesen angefangen würde. Dieses war gegen das Ende des Septembers 1748. Hier war die erste Sitzung des Collegii, welche aus folgenden bestund: Deputati Herr Geheimer Kriegsrath von Leipziger, in Kriegs- und ökonomischen, Herr Hof- und Justitienrath von Heucher, der Sohn des verstorbenen Leibarztes, in Landessachen, Herr Hofrath und Leibarzt Tittmann, in medizinisch-chirurgischen. Lehrer Herr General-Stabs-Medikus, nachheriger Hofrath und Leibarzt, Dr. Hänel, über die Therapie, Ich, über die Anatomie, und Herr Leib-Wundarzt Günther, über die Chirurgie[4].

Die Sitzung wurde durch den Geheimen Kriegsrath von Leipziger..... eröffnet. Hierauf bedauerte der Herr Geheime Kriegsrath mich öffentlich, in Günthers Beisein, daß ein anderer sich für den Erfinder meines vor fünf Jahren gemachten Plans ausgegeben, versicherte mich aber, daß es der ganzen Stadt bekannt sei, wie ich der Erfinder wäre.... Unter der Zeit erging an die Regimenter Ordre, daß jährlich, vom ersten Juni, bis wieder dahin, von jedem Regimente Infanterie zweene Feldschers und von jedem Regiment Kavallerie einer, zum Collegio commandirt würden, um hier unterwiesen zu werden. Die Pensionairs und Aufwärter wurden nach und nach eingerichtet.


  1. Sollte der, offenbar sachverständige, Jemand nicht Hoffmann oder sein Plan von 1740 gewesen sein, den Pitschel vielleicht zwar kannte, aber nicht nennen wollte?
  2. Dieser Befehl ist zweifellos das erwähnte Königliche Rescript vom 8. Mai 1748 gewesen.
  3. Generalstabsmedikus von Hoffmann und Leibarzt von Heucher waren freilich inzwischen, 1746 bez. 1747, gestorben.
  4. Dr. Friedrich Börner führt in seinen „Nachrichten von den vornehmsten Lebensumständen und Schriften jetztlebender berühmter Aerzte“, Wolfenbüttel 1753, III. Bd. S. 139 und 140 folgendes Personal für das Jahr 1753 auf: Commissarii, Directores Herr August Siegesmund von Lentsch, Geheimer Kriegsrath, Herr Johann Friedrich von Heucher, Hof- und Justizrath, Herr Johann Christoph Neide, Hofrath und Leibmedikus, Herr Justus Gottfried Güntz, Hofrath und Leibmedikus; Dozenten Herr Dr. Christian Heinrich Hänel, Generalstabsmedikus, liest die Physiologie und praktischen Theile der Medizin, Herr Dr. Friedrich Lobegott Pitschel, liest die Anatomie. Der Königliche Leibchirurgus Herr Friedrich Gottlob Günther, der die Chirurgie gelesen, ist zu Anfange dieses Jahres (d. i. also das Jahr 1753) verstorben.“ – S. 350 ergänzt Börner: „An die Stelle des ehemaligen Leib-Chirurgi Günthers ist Herr Johann Sigismund Montanus ....in Collegio medico-chirurgico gekommen.“
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/7&oldid=- (Version vom 30.5.2024)