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hinterbrachte. Worauff bemeldte Herren Deputirte nebenst Ihren bey sich habenden Bedienten gegen drey Uhr Nachmittags von Breßlau nacher Crackau zu gehen sich erhuben, auch so Tags als Nachts solche Reise fortsezeten und bis nacher Crackau continuireten. Auff solcher Tour passirete nichts remarquables, außer daß die Herren Deputirten den Königl. Pohlnischen Prinz Jacob (so zu Olau[1] in dem von Keyserl. Maj: Ihme verpfändeten Fürstenthumb sich befande) zu sehen bekahmen, indem Er mit bey sich habenden Cavalliers und Dames auff eine unweit davon gelegene sehr einträgliche Mühle spazieren fuhre.

Dienstags den 14. dieses

Langeten die Herren Deputirten in Crackau[2] an, wurden von dem Königl. und Churfürstl. Cammer-Fourirer, Herrn Michael Mattheußen, unweit vom Königl. Schlosse in eine sogenannte Retirade, darinnen sonst unterschiedene Vicarii zu wohnen pflegen, einlogiret und bekahmen vor sich und Ihre Bediente Vier überaus schlechte und mit Geströde sehr angefüllete Stuben ein. Sie kleideten sich, nachdem die Zimmer nur ein wenig gesäubert, sobald an und wartteten Ihro Excell. dem Herrn geheimbten Rath von Beüchling auff, mit dem Ersuch, Ihnen sowohl bey Ihrer Königl. Maj: als hochfürstl. Durchl. dem Herrn Bischhoff von Raab Audience zu procuriren: Welcher sich auch darzu willig finden ließ und annoch selbigen Nachmittag denen Herren Deputirten bey Ihrer Hochfürstl. Durchl. Acceß verschaffete. Bey Selber statteten die Herren Deputirten sofort ihr unterthäniges Compliment ab und ersucheten Dieselbe anbey umb Procurirung baldiger Audience bey S. Königl. Maj:, die sodann nach abgelegten Gnädigen Gegen-Compliment die Herren Deputirten aller Assistence versicherten.

Mittwochs, den 15. hujus

Hielten sich die Herren Deputirten zu Hause in Hoffnung zur Audience zu gelangen, wie Sie dann auch durch den Fourirer gegen Ein Uhr Mittags nach Hoffe gefordert worden. Weiln aber S. Königl. Maj: mit denen Pohlnischen Affairen bis umb Zwey Uhr empeschiret waren und darauff alsobald zur Taffel gingen, kunte die Audience Ihren Fortgang nicht gewinnen. Die Herren Deputirten wurden hierauff an Ihro Hochfürstl. Durchl. des Herrn Bischhoffs von Raab Taffel gezogen, und nachdem nach geendigter Taffel Ihre Königl. Maj: durch höchstermelten Herrn Bischhoffs Hochfürstl. Durchl., daß Sie die Herren Deputirten auch selbigen Tags, so gerne als Sie gewolt, nicht vor sich laßen könten, anderweit allergnädigst eröffnen lassen, wurden Sie Tags darauff wiederumb zur Auffwarttung beschieden.

Diesen Tag wurde von denen Pohlnischen Landtbothen der Starosta Mysky aus Litthauen zum Landbothen-Marschall communi praesentium Statuum consensu elegiret und hielte selbiger den Nachmittag vor S. Maj: (als die in dem Senat auff einem erhabenen Throne, die Vornehmbsten von Geist- und Weltlichen Senatoren aber auff Carmosinroth sammetenen Stühlen saßen) eine in Lateinischer Sprache wohlgesetzte und annehmlich anzuhörende Oration, darinnen Er sowohl S. Maj: zu erlangter Cron allerunterthänigst gratulirete, als des Reichs Angelegenheiten dero hohem Directorio und Entscheidung mit reciprocirlicher Versprechung allerunterthänigsten Treue und Devotion recommendirete.

Eben diesen Tag verlangeten die Polacken im Senat, daß S. Königl. Maj: die bey Ihrer deutschen Armée sich befindenden Evangelischen Feldt-Prediger dimittiren solten: So aber S. Maj: abschlugen; und wolte verlauten, ob hetten die Sächß. Trouppen bereits resolviret gehabt, wenn derer Polacken Ansinnen deferiret werden solte, Compagnienweise durchzugehen.

Donnerstags den 16. dieses

Gegen Ein Uhr wurden die Herren Deputirten durch den Hoff-Fourirer nach Hoffe zur Audience geruffen, und als Ihre Königl. Maj: außm Senat in Begleitung aller hohen Cron-Officierer und Senatorn in dero Wohn-Zimmer geführet worden, in Gegenwarth aller dieser hohen Cron-Officianten durch Ihrer Königl. Maj: sehr prächtig meublirte Antichambren in dero innerstes Zimmer und sogenantes Apartement, so nach der Casimir-Stadt hinauß gelegen, eingeführet, worinnen höchstgedachte Ihre Maj: sich nebst des Herrn Bischhoffs von Raab Hochfürstl. Durchl. ganz allein befunden. Da dann die Herren Deputirten, nach gemachten allerunterthänigsten Reverenz, durch Ihren Herrn Prinzipal-Mit-Deputirten, Herrn Crafft Burghardten von Bodenhausen,


  1. Ohlau ist zwar ein kleiner, doch gar reinlicher Orth, liegt lustig und in planitie, hat ein hübsch Schloß und sind die Häuser noch gar fein angelegt.
  2. Cracau ist eine große und mehr in der Länge als Breite gelegene Stadt, liegt lustig in planitie, fast wie Dreßden, hat ein hübsch Schloß, so ziemblich hoch liegt, inwendig sind marmorsteinerne Treppen und die Königl. Zimmer noch wohl ausgebauet. Die Stadt von Häusern ist altväterisch gebauet, und die meisten gestützet, außer die darinnen sich befindenden Klöster. Das Pflaster ist so beschaffen, daß man ohne Sorgen den Wagen zu zerbrechen durch die Stadt nicht fahren kan, wie man dann s. v. in dem Kothe bis über die Schue gehet, und ist solche Stadt capabel Herrn von Lüttichauens Raisonnement nach 200 000 Fuder in das Feld zu stellen, und die Stadt dennoch wohl besezet zu behalten. Die Inwohner außer dererjenigen, so etwa von Condition sind, sind säuisch, diebisch und wüsthafftig. Ihre meiste Handlung bestehet in Pflaumen und Pirnen, dergl. Sie in großer Menge haben, und solche Jubelen auch bis an des Königs Gemach zu feilen Kauffe tragen. Bey solcher Stadt fließet der Weichßel-Strohm, so ohngefähr wie die Elbe groß ist, ziemblich geschwind, nach Warschau zu, vorbey.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/67&oldid=- (Version vom 9.7.2024)