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VI. Jahrgang          1897          Nr. 1.


Von diesen Blättern erscheinen jährlich 4 Nummern im Umfange von 1½ bis 3 Bogen. Bestellpreis für den Jahrgang 3 Mark. Die Vereinsmitglieder erhalten die Blätter unentgeltlich zugesandt.


Das einstige Collegium medico-chirurgicum in Dresden.
Von Generalarzt z. D. Dr. H. Frölich.

Verfolgt man die Entwickelung der Heilwissenschaft durch das verflossene Jahrhundert hindurch, so ist zu erkennen, daß diese Wissenschaft ihre in jene Zeit fallenden Fortschritte nicht bloß dem damals allgemein herrschenden schwungvollen Streben nach Erkenntniß verdankt, sondern auch der Sehnsucht nach brauchbarerem Heilpersonal, die ganz besonders die bewaffnete Macht mit vollem Rechte zum Ausdrucke brachte. Der Wunsch, neben den auf der Leipziger Hochschule gebildeten, verhältnißmäßig wenigen und für den sächsischen Bauern- und Soldaten-Stand „zu kostbaren“ Aerzten noch ein wundärztliches, jedoch nicht lediglich in den Barbierstuben erzogenes Personal zu besitzen, ist in der Mitte des vorigen Jahrhunderts durch die Gründung des Collegium medico-chirurgicum in Dresden erfüllt worden. Das Schicksal dieser Anstalt ist von Haus aus so eigenartig, daß es der Mühe werth erscheint, es zu verfolgen.

Die hierfür vorhandenen Geschichtsquellen fließen zwar nicht sehr reichlich; aber es sind ihrer hauptsächlich drei, die vereinigt schon einen guten Theil geschichtsforscherischen Durstes stillen. Die eine Quelle ist meine eigene „Geschichte des Königlich Sächsischen Sanitätskorps“ (Leipzig 1888) S. 38 bis 42, zu der ich neben amtlichen Mittheilungen zahlreiche Bemerkungen in geschichtlichen und medizinischen Werken und Zeitschriften, besonders die Jahrgänge 1820 bis 1828 der Zeitschrift für Natur- und Heilkunde benutzt habe. Die andere Quelle bietet das vom Militärarzt Dr. med. Pitschel verfaßte Buch: „Anatomische und chirurgische Anmerkungen, welchen eine kurze Nachricht von dem Collegium medico-chirurgicum zu Dresden vorangeschickt wird“ (Dresden 1784, 8o, 77 S., 5 Kupferplatten). Die dritte Quelle fließt aus den hierüber in den Jahren 1739 bis 1749 geschriebenen Anträgen, Erörterungen und Verfügungen (im Kriegsarchiv zu Dresden). Da diese Quellen untereinander nicht ganz übereinstimmen, werde ich ihren Inhalt nacheinander vorführen, um dabei hie und da auf Lücken und Widersprüche und deren Erklärbarkeit hinzuweisen.

Von der „Geschichte des Sanitätskorps“ wird, in der Hauptsache den Thatsachen entsprechend, Folgendes über das Collegium berichtet:

Der am 21. Dezember 1739 zum ersten ständigen Generalstabsmedikus Sachsens ernannte Dr. med. Franz Josef Hoffmann ist es, der den Anstoß zur Gründung einer chirurgischen Lehranstalt in Dresden gegeben hat. Für seinen Plan zu einer verbesserten Ausbildung und Fortbildung des sächsischen Feld-Heilpersonals hatte er genug Vorbilder. Das nächste konnte ihm Preußen geliefert haben, das schon seit 1713 eine Anatomiekammer (Theatrum anatomicum) besaß, die 1724 auf Vorschlag des Generalchirurgen E. C. Holtzendorff in ein Collegium medico-chirurgicum zum Zwecke der Erziehung von Feld-Wundärzten verwandelt worden war. Mitte Januar 1740 erstattete Hoffmann unter Hinweis auf das Ausland einen amtlichen Bericht, in dem er die Nothwendigkeit der Errichtung einer wundärztlichen Lehranstalt befürwortete, deren Besuchern die für ihren künftigen Beruf höchst nöthigen Kenntnisse in der Anatomie, Physiologie etc. beizubringen seien.


Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/4&oldid=- (Version vom 30.6.2024)