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einem starken Foliobande zu Leipzig erschien; Stübel selbst giebt in der Vorrede die Zahl der von ihm hinzugefügten Worte auf über 7000 an“[1]. Er starb am 31. Januar 1725. Sein Wunsch, 90 Jahre alt zu werden, wurde ihm also nicht erfüllt. In einem 1698 herausgegebenen originellen Catalogus seiner Bücher und Schriften sagt er nämlich: „Sollte nun dem allerliebsten Vater im Himmel gefällig sein, noch einmal 45 Jahre zu meinem Alter zuzulegen, so daß etwa 10 Jahr länger bliebe als mein 80jährig gewesener Vater, so dürfte ja noch wohl Zeit haben, mancherlei Sachen auch wohl in allen Fakultäten zu schreiben.“ Er fügt dem Verzeichniß seiner bereits veröffentlichten Schriften im voraus die Liste derer bei, die er noch schreiben möchte, und darunter befindet sich folgende: „Historia paterna“ oder Beschreibung meines weiland von Gott gelehrten und erleuchteten Vaters, Herrn Andreä Stübels oder Stiefels des ältern, Bürgers und Gastwirths in Dreßden auf der weißen Gasse, sobald ich seiner schriftlichen Urkunden aus dem Konsistorio zu Leipzig wieder habhaft werde.“ Hieraus geht hervor, daß auch der Vater sich mit theologischen Spekulationen befaßt und sogar Schriften hinterlassen hatte, die dem Sohne offenbar bei der vom Konsistorium gegen ihn geführten Untersuchung mit abgenommen worden waren. Die theologischen Sonderbarkeiten des jüngeren Andreas Stübel sind somit allem Anscheine nach ein ihm von seinem Vater überkommenes Erbtheil gewesen. Wenn er sich in dem erwähnten Kataloge „Stübel oder Stiefel“ nennt, so geht daraus hervor, daß ihm die oberdeutsche Herkunft seiner Familie und die Bedeutung des Namens schon nicht mehr gegenwärtig war.

Geh. Justizrath Dr. Karl Julius Stübel.
Nach einer Photographie.

Beide Brüder Stübel waren reich mit Nachkommenschaft gesegnet. Andreas war von seiner Frau Magdalene Sophie, geb. Thilo, mit sieben Kindern beschenkt worden, von denen drei Söhne und zwei Töchter ihn überlebten. Dem älteren Johann Jakob hatte seine Gattin Johanne Sophie, geb. Schilling, sogar zwölf Kinder geboren, wovon er zehn am Leben hinterließ. Von ihnen allen interessirt uns hier nur der eine, der als Vorfahr der Dresdner Familie Stübel bekannt war, dessen Herkunft aber man bisher nicht hatte feststellen können, nämlich der schon genannte Johann Gottfried Stübel. Nach Ausweis des Annaberger Kirchenbuchs ist er als Sohn des Rektors Johann Jakob Stübel kurz vor dessen Uebersiedelung nach Meißen in Annaberg geboren und am 8. März 1699 getauft worden[2]. Er hat später in Leipzig studirt und ist laut Matrikel der Universität am 1. August 1720 dort inskribirt worden[3]. Aus Akten des Königlichen Hauptstaatsarchivs geht hervor, daß er sich nach Beendigung des Studiums am Wohnorte seines Vaters, in Meißen, als Advokat niedergelassen hat und 1726 zum kurfürstlichen Accisinspektor in Kamenz ernannt worden ist[4]. Ueber seine Lebensverhältnisse und die Zeit seines Todes giebt das in Kamenz vorhandene Aktenmaterial ebensowenig wie die dortigen Kirchenbücher die geringste Auskunft[5]. Nur soviel ist noch bekannt, daß er sich 1723 mit Johanne Elisabeth Kirchner, Tochter des Fleischhauers Christoph Kirchner in Eilenburg, verheirathet hatte[6]. Schon bald nach der Verheirathung aber scheinen sich die Ehegatten getrennt zu haben, denn nach Ausweis der Kirchenbücher zu Eilenburg ist Frau Stübel dort, am Wohnorte ihrer Eltern, eines Söhnleins genesen, das in der Taufe am 10. August 1727 die Namen Gottfried Immanuel erhielt, und dort ist sie auch im Alter von 501/2, Jahren gestorben und am


  1. F. Koldewey in der Allgemeinen deutschen Biographie, Bd. 36, S. 703.
  2. Freundliche Mittheilung des Herrn Superintendent Oberpfarrer Dr. Schmidt in Annaberg.
  3. Desgl. des Herrn Privatdozent Dr. Brandenburg in Leipzig.
  4. Verpflichtungsregistrande in Accissachen 1721-31, Bl. 187 (Lokat 36468).
  5. Mittheilung des Herrn Stadtbibliothekar Klix in Kamenz.
  6. Desgl. des Herrn Oberbibliothekar Dr. Stübel in Dresden.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/32&oldid=- (Version vom 4.6.2024)