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solcher Beziehungen aufzudecken, da wo Briefe oder sonstige Zeugnisse fehlen, bietet die Sitte der Empfehlungs- und Lobgedichte, die damals unter den Schriftstellern sehr im Schwange war. Da es eine Presse, die die Ankündigung und Empfehlung eben erschienener Bücher besorgte, damals noch nicht gab, halfen sich die Schriftsteller mit einer naiven Reklame gegenseitig selbst: sie ließen ihre Bücher eingeleitet mit einer ganzen Reihe sogenannter „Gratulations-, Ehren-“ oder auch ganz gerad heraus „Lobgedichte“, die je nach den Beziehungen der Verfasser in Hinsicht der Zahl dieser Gedichte oder des Ansehens ihrer Spender mehr oder minder stattlich ausfiel, in die Oeffentlichkeit gehen. Daß in diesen Gedichten die Worte des Lobes nicht auf die Waage der Wahrheit gelegt wurden, versteht sich aus der Natur der Sache. So ruft Finckelthaus seinem Freund Brehme zu:

„Dies ist Dein hoher Preis, der Dich auf güldenem Wagen
Durch des Geschreies Flug zum Sternen an will tragen,
Dort wo der Opitz steht und Fleming ...

Und ein anderer, Gotthilf Treuer, begrüßt ihn:

„O hoher Geist, der Dich bewohnt
Und solche Wundersachen thont“.

Für die Literaturgeschichte haben diese Gedichte außerdem noch den Werth, daß sie bei dem damaligen Mangel an öffentlicher Kritik ungefähr den Rahmen der Anerkennung und Werthschätzung, die ein Dichter bei den Zeitgenossen und den Dichterkollegen fand, abstecken. Von diesem Gesichtspunkt aus fährt Brehme nicht schlecht. Er steht in guten Beziehungen zu einigen der hervorragendsten Berühmtheiten jenes Zeitraums. Sein Jugendverhältniß zu Fleming ist schon erwähnt. Philipp von Zesen, den Gründer der deutschgesinnten Genossenschaft, nennt er seinen Freund. Johann Rist, der Dichter des erhabenen Kirchenliedes „O Ewigkeit, Du Donnerwort!“, und Stifter des Elbschwanenordens widmet ihm anerkennende Worte, wie er ausdrücklich betont „unerinnert aus Schuldigkeit und herzlicher Liebe“. G. Ph. Harsdörfer aus Nürnberg, Begründer des Ordens der Pegnitzschäfer und Verfasser eines Lehrbuches der Dichtkunst „Poetischer Trichter, die Teutsche Dicht- und Reimkunst in VI Stunden einzugießen“, das im Sprichwort als „Nürnberger Trichter“ fortlebt, wechselte Briefe mit ihm. Obgleich Brehme dergestalt mit den Häuptern damaliger Dichtergesellschaften bekannt war, ist er in keinem dieser Orden nachweislich Mitglied gewesen. Auch der berühmte Wittenberger Professor der Dichtkunst und Beredtsamkeit August Buchner, zu dessen Füßen Brehme wahrscheinlich als Student saß, nennt sich seinen „alten Freund“. Ein Vetter Brehmes ist der in Leipzig geborene Dichter geistlicher Lieder, Michael Schirmer. Weitere Beziehungen Brehmes sind erkennbar zu dem trefflichen Dichter geistlicher Lieder Johann Franck, Bürgermeister in Guben, zu dem Schandauer Prediger Just Sieber, der gleichfalls das geistliche Lied pflegte, und zu Gotthilf Treuer, dem Verfasser eines großen poetischen Wörterbuchs „Deutscher Dädalus“ betitelt. – Naturgemäß trat auch alles, was in der damals noch ziemlich bescheidenen Residenzstadt Dresden irgend von geistiger Bedeutung sich zusammenfand, in Berührung mit Brehme. Ungefähr um dieselbe Zeit wie Brehme kam nach Dresden als Kreuzschulrektor der bekannte Johann Bohemus, kaiserlich gekrönter Poet, der ihm 1647 bei dem Tode eines Söhnleins poetischen Trost spendete. An der Kreuzschule hat auch der Konrektor Benjamin Stolberg sich als Gelegenheitsdichter versucht. Jünger als Brehme ist David Schirmer, der Bibliothekar: sie beide und allenfalls auch Bohemus vertraten die Stadt Dresden in der Deutschen Dichtung jener Zeit. Musikalisch hervorragend war der leider frühverstorbene Hoforganist Adam Krieger, der in anmuthig frischer und ursprünglicher Weise eigene Lieder über das alte Thema Liebe und Wein in Musik setzte. Sein Verhältniß zu Brehme kennzeichnete er damit, daß er ihn „seinen an Vaters stat gleichsam hochgeehrten und geliebten Herr Brehmen“ nannte. Seit 1661 saß mit Brehme im Dresdner Rath Gabriel Tzschimmer, der bekannte spätere Bürgermeister, der ja auch als Schriftsteller thätig war. Er setzte unter das Bild Brehmes in dessen Leichenpredigt folgenden Vers:

Dies ist Herrn Brehmes Bild; der Geist lebt in den Schriften,
Die seine kluge Hand durch steten Fleiß gesetzt:
Es hieß die Themis ihm zum Ruhme dies sich stiften:
Drum wird sein gutes Lob den Sternen eingeätzt!

Das geistige Gepräge einer Stadt war damals aber vor allem stark bestimmt durch die Geistlichkeit. Historische Bedeutung hat der Oberhofprediger Hoë von Hoënegg: mit ihm wie mit dessen Nachfolger Jacob Weller hatte Brehme als Bibliothekar und Bibliotheksinspektor amtliche Beziehungen. Der nächste Oberhofprediger Martin Geier, fast gleichalterig mit Brehme und gleichfalls geborener Leipziger, kam allerdings erst 1665 nach Dresden. Auch er hat jene fruchtbare Zeit der geistlichen Dichtung um einige Lieder bereichert. Sein Nachfolger Johann Andreas Lucius war zu Brehmes Zeit noch Hofprediger. Superintendenten waren damals Aegidius Strauch und nach ihm Christof Buläus: namentlich mit diesem scheint Brehme eng befreundet gewesen zu sein. Von den Dresdner Geistlichen ist noch zu nennen der Archidiakonus Paul Bose, der 1665 ein Buch unter dem Titel „Dürre Linden, oder Leichen-Reden und Gedichte, erstes Reißgebund“ herausgab. Es ist eine reiche

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/279&oldid=- (Version vom 23.8.2024)