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mit der Casa Santa, dem Geburtshaus der heiligen Jungfrau, welches von Engeln über das Meer aus Palästina hierher getragen worden ist. Aus Versehen gehen sie mit Waffen hinein, was mit der Exkommunikation bedroht ist; doch erklärt man sich befriedigt durch ihre Versicherung, sie hätten die betreffende Schrift nicht gelesen. Sie geben dann ihre Degen ab und werden nun durch Pfaffen vor den Altar geführt. In dem Städtlein wohnte Griebes Versicherung nach Niemand als „Gastwürthe, Pfaffen und Leuthe, so Paternoster machen.“ Die Weiterreise geht über Ancona, Sinigaglia, Rimini und Ferrara nach Verona, wo die Ruinen des römischen Amphitheaters besichtigt werden; das Grab Julias scheint man damals noch nicht gekannt zu haben. In einer Miethkutsche gelangen sie nach Padua und endlich auf einer Gondel nach Venedig, wo sie im „Weißen Löwen“ einkehren. Ihre Ankunft erfolgte am 3. Mai; aber erst nach dreitägiger Ruhepause machen sie sich an die Besichtigung der Sehenswürdigkeiten, wobei der dasige „Wurmschneider“ Karl Pfeifer als Führer dient. Sie besichtigen den Marcusplatz, die Marcuskirche, den Dogenpalast und das Arsenal. In letzterem befindet sich ein Brunnen, aus dem die Arbeiter trinken; es ist aber kein gewöhnlicher Wasserbrunnen, sondern es laufen aus zwei großen Messinghähnen zwei Drittel Wein und ein Drittel Wasser hinein und es werden auf jeden Arbeiter wöchentlich 4 Pfund Wein gerechnet, so daß der Wein für die Arsenalarbeiter allein wöchentlich auf 5000 Dukaten zu stehen kommt. Auch der Bucentoro wird ihnen gezeigt, die Gondel, von welcher aus der Doge jährlich am Himmelfahrtstage die Republik Venedig mit dem Meere vermählt. Sie haben es auch gut getroffen, denn am 12. Mai bereits ist der Himmelfahrtstag, an welchem die Ceremonie vor sich geht. Die Freunde miethen dazu eine Gondel mit acht Ruderern, wofür sie freilich 14 Scudi=17 Thaler 12 Groschen zahlen müssen. Dabei bestand die Ceremonie aus weiter nichts, als daß in einem kupfernen Eimer etwas Wasser aus der See geschöpft und geweiht wurde, worauf der Herzog einen Ring, der ungefähr 6 Thaler Werth hatte, in das Meer warf. Dann fuhr der Herzog in die Kirche auf der Insel Lido, während die Reisenden nach Venedig zurückkehrten. Am nächsten Tage wird noch die berühmte Spiegelfabrik besichtigt, wobei man ihnen auch die Blasrohre gab, um sich im Glasmachen zu versuchen; „es wurden aber nichts als monstra draus, daführ wir ihnen eine Verehrung thaten“.

Am 18. Mai reisen die Freunde von Venedig wieder ab, zunächst mit Gondel nach Mestre, wo mit einem Vetturino akkordirt wird. Sie zahlen für die Beförderung bis Salzburg für Kost und die Pferde pro Person 26 Thaler. Bei Primolano kommt man nach Wälsch-Tirol und durch das Val Sugana „über etliche Berge und Klippen“ nach Trient, wo halb deutsch halb italienisch gesprochen wird. Man besichtigt einige Kirchen und gelangt alsdann im Etschthal abwärts nach Bozen, von dessen Einwohnern erzählt wird, „daß Sie einen Hund, statt eines Bären erschlagen und gefreßen haben“. Der wunderbaren Umgebung von Bozen, der Naturschönheiten, die sich auf der Weiterreise über den Brenner bieten, wird mit keinem Worte Erwähnung gethan. In Innsbruck werden wie üblich die Kirchen besucht, dagegen wollte man sie nach Schloß Ambras, wo sich der Erzherzog aufhielt, aus Furcht vor den Blattern nicht lassen. Kein Wort wird gesagt über die wunderbare schöne Lage der Stadt, es heißt nur, daß Innsbruck in einem Thale liegt „umb und umb mit Bergen umbgeben, auff deren einen Kayser Maximilianus sich verstiegen und in Lebensgefahr gerathen“. Weiter geht es über Unken und Reichenhall, von Griebe Reichenthal genannt, nach Salzburg. Unterwegs wird der hohen Berge gedacht, die sie sehen, sowie eines großen und vieler kleinen Wasserfälle; größer ist aber die Bewunderung der Salzsoolenleitung. In Salzburg bewundern sie die schönen Brunnen, die Domkirche und das Franziskanerkloster. Dann wird das Lustschloß Mirabell besichtigt. „Von hier gingen Wir nach Hause, traffen unterwegens etliche vollgesoffene Bauerweiber an, welche ganz kurze Kittel, so nur bis an die Knühe gingen, anhatten, die langen geflochtenen Hahr-Zöpffe hingen ihnen über den Rücken hinunter, worbey Sie jauchzeten und schriehen. Dieses kame einen Italianer, welcher in unserer Compagnie war, sehr ärgerlich vor, indeme Sie bey ihnen dergleichen zu sehen, nicht gewohnet“. Der Erzbischof, welcher sie in der Domkirche gesehen und sich durch seinen Kammerdiener nach ihren Namen hatte erkundigen lassen, ließ sie überall umherführen, ihnen auch die Festung zeigen, sowie das Lustschloß Hellbrunn.

Am 30. Mai brach die Reisegesellschaft wieder auf, um über München nach Augsburg zu reisen. Sie langten daselbst am 3. Juni an und waren sehr erfreut, nach langen Jahren wieder in einer evangelischen Kirche eine Predigt zu hören. Am 7. Juni ging es auf einem Floß den Lech abwärts in die Donau, bei Neuburg und Ingolstadt vorüber nach Regensburg, wo die Donaubrücke ihre Aufmerksamkeit erregte. Ihre Weiterreise nach Nürnberg treten sie in einer Landkutsche an, für welche sie 9 Thaler zahlen müssen; sie kommen aber nicht ganz bis Nürnberg, sondern müssen in Altdorf liegen bleiben wegen Unpäßlichkeit des jüngeren Arnim. Sie miethen sich hier ein, zahlen für drei Stuben, ebenso viele Kammern und vier Betten wöchentlich 1 Thaler 8 Groschen und beim Professor Dr. Rittershaus gehen sie wöchentlich für 1 Thaler zu Tische. Ihr Aufenthalt

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 268. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/272&oldid=- (Version vom 30.7.2024)