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die Zellen der Mönche. „In dem Studier Cämmerlein, sahe mann in der Wand von außen eine Scheibe auff die arth, wie an den Nachtigallgebauern, welche mann herumbtrehen kunte, in solches wird einem ieden sein Eßen gesetzet, herumbgetrehet und von auswendig wieder verschloßen, Wann nun der Speisemeister dieses eröffnet und die Speise annoch darinne findet, läßet er sollches ein oder zwey mahl passiren, woferne es aber mehr geschiehet, giebet er solches bey dem General an, welcher dann die Zelle zu öffnen befiehlet, Da mann dann diese Leuthe zu weilen sehr kranck, in agone, todt und auch die Hälße umgetrehet, gefunden.“ Weiter wird bemerkt, „daß in diesem Kloster täglich 300 Personen, ohne die Frembten, welche daßelbe zu besehen dahin kommen, unterhalten werden, unter welchen alleine 100 Patres begriffen, wie Sie dann auch 30 Maulthiere haben, welche alle Nächte umb 12 Uhr ausgehen und Proviant vor das Kloster zutragen, dann umb diese jegent nichts wächßet, Sondern ein recht receptaculum nicht der Menschen, sondern der Bäre, Uhue und Eulen ist.“

Auch weiterhin haben sie sich über schlechte Wege zu beschweren. Endlich kommen sie an den Mont Cenis, über den damals noch keine Straße führte. Man kann über diesen Paß nicht reiten, sondern muß sich auf Chaisen tragen lassen, die von Schilf geflochten waren. Die Chaisenträger werden Maroni genannt; zwei gehören zu einer Chaise. Sie zeichnen sich durch einen unerhörten Durst aus; gleich im ersten piemontesischen Dorfe müssen ihnen die Reisenden etliche Maß Wein reichen lassen, „welche Sie in vollen Schweiß und ganz erhüzet in sich soffen und ihrer Außsage nach, dennoch nichts schadet, weiln Sie solchen wieder ausschwitzen“. Auf sehr steilem Wege geht es endlich hinab in die Ebene und Griebe meint bedenklich: „Es ist in Warheit die Reise durch Savoyen und über den Mont Senis, kein Kinderspiel, und nicht sonder Gefahr, in deme mann über sehr viel grose Berge, Klippen, liederliche Brücken und grausame praecipitia zu passiren hatt.“

Zu Pferde gelangen sie dann über Susa und Rivoli nach Turin, wo sie sich wieder an der Besichtigung von Schlössern und anderen Gebäuden erfreuen können. Den „Situm loci“ finden sie von dem Rathhausthurm aus sehr schön, lustig und angenehm, auch die Festungswerke interessiren Grieben sehr. Desgleichen fällt es ihm auf, daß hier sehr viele Juden wohnen, deren Weiber alle gelbe Perrücken tragen müssen. Sie reiten nun weiter über Alessandria in der Richtung nach Genua und müssen unterwegs über die Apenninen, auf welchen keine anderen Früchte als Kastanien wachsen. Auf genuesischem Gebiet, in das sie nun eintreten, ist der Banditenschrecken sehr groß; erst vor wenigen Tagen sind Reisende beraubt und ermordet worden. Welcher Schreck daher, als die Karawane plötzlich von Bewaffneten angehalten wird! Zum Glück ergiebt sich bei näherer Aussprache, daß die Bewaffneten friedliche Bauern sind, welche ihrerseits die Reisenden für Banditen halten und sie unschädlich machen wollen. Es klärt sich alles zu beiderseitiger Zufriedenheit auf und die Reisenden gelangen unangefochten nach Genua. Hier werden sie vom Wirth nicht eher aufgenommen, bis sie sich beim Gouverneur gemeldet haben. Sie verlassen aber die Herberge bald wegen Theuerung, weil der Wirth für die Mahlzeit zu Mittag 5 Julier oder 15 Groschen und des Abends 6 Julier oder 18 Groschen fordert. Sie besehen hier Kirchen und Paläste, bewundern unter anderem im Palazzo Doria eine Fontaine, die 45 000 Thaler gekostet hat, und reiten am 20. September wieder weiter nach Pavia, wo sie am 22. ankommen. Am folgenden Tage geht es nach Mailand, das damals zu Spanien gehörte. Man besichtigt Festungswerke, Kirchen und Klöster, unter anderem den Dom, der noch nicht ausgebaut ist, gleichwohl aber bereits 26 Millionen kostet – was für eine Münze, wird nicht gesagt – nur die „Facciata“ ist fertig. Auch das Hospital und das Lazareth werden besichtigt, nicht minder die Kunstkammer, endlich auch die ambrosianische Bibliothek, von welcher aber weiter nichts gesagt wird, als daß alles voll Bücher steht. Sie akkordiren auch mit zwei Kutschern, welche sie nach Bologna fahren sollen, weshalb sie sich von dem Orte mit einem Gesundheitspaß, „La fede di Sanitá“, versehen, sonst wären sie nirgends durchgelassen worden. Es schließen sich noch einige Herren an, mit welchen sie am 26. September abfahren. In den mailändischen Städten liegen überall „viel Teuzsche Völcker“. Unterwegs bewundern sie die üppige Vegetation: „Die Weinstöcke stehen reihenweiße zwischen denen Bäumen auff dem Felde, und hängen die Trauben von denselben herunter und ziehen sich die Rancken von einem Baume zu den andern, zwischen den Weinstöcken stehet mitten im Felde das Getreyde.“ Von Piacenza, wo sie bei der Einfahrt ihre Pistolen unter dem Thore abgeben müssen, geht es noch denselben Tag weiter, nach Besichtigung der üblichen Sehenswürdigkeiten, und am 28. gelangt man nach Parma. Hier bewundert man unter anderem eine Art zoologischen Garten, worin sich ein Strauß befindet, der vorgehaltene Münzen „wie Haber“ verschluckt. Am 29. passiren sie Reggio und Modena und am folgenden Tage kommen sie in Bologna an. An der Universität giebt es eine deutsche Nation, deren Pedell als Fremdenführer dient und alle Sehenswürdigkeiten zeigt. Unter anderem wird ihnen in einem Kloster gezeigt der Körper der heiligen Catharina di Bologna, auf einem Stuhle sitzend, welcher die Nägel noch wachsen sollen. „Diese sahe ganz schwarz aus, wie ein halb geräucherter Schüncken.“ Sie handeln hier

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/269&oldid=- (Version vom 29.7.2024)