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Geruch von sich gab.“ Sie gelangen nach Marseille und bewundern den Hafen, dann geht es ohne großen Aufenthalt nach Toulon, wo sie wiederum den Hafen mit den daselbst befindlichen Galeeren sehen und die größte der letzteren besichtigen. Von da müssen sie über sehr rauhe und hohe Berge, zum Theil zu Fuß, weiterziehen. Sie gelangen zur Kirche St. Beaume, in welcher Maria Magdalena 33 Jahre Buße gethan haben soll, allezeit auf den Felsen liegend. „Allhier wird niemahls Fleisch gegeßen, noch einiges Weibsbild gelitten, wie dann der Würth seine Ehefrau 3 Meulen von hier hatte und wir statt der Mägde, von unterschiedlichen Jungen bedienet worden.“ Dafür werden sie im Wirthshaus durch die schönsten Sardellen entschädigt. Ueber Aix geht es weiter nach Avignon, welche Stadt damals noch dem Papste gehörte, „wie dann auff dem Palais der Vice Legat wohnet und Justitiam administrirt. Nachdeme aber vor weniger Zeit die Stadt die Päbstliche Gvarnison weggejaget und sich in französische Prodection begeben, durffte der Legat nicht gros sich sehen laßen, indeme ihn die Kinder nachgelauffen, angeschriehen und auff das ärgste beschümpffet haben.“ In dem päpstlichen Palast interessirt sie besonders ein Saal, der nur noch die nackten vier Mauern zeigt; es ist der Saal, in welchem der Papst Gregor XI. die vornehmsten Einwohner Avignons bewirthete und während der Mahlzeit insgesammt in die Luft sprengen ließ, und zwar, weil die Bürger seinen Neffen, einen argen Don Juan, nächtlicherweile gefangen und kurzer Hand vor dem päpstlichen Palaste aufgehängt hatten. Besonders merkwürdig ist es auch, daß es in Avignon Juden giebt, die sonst in ganz Frankreich nicht geduldet werden; doch müssen sie besondere Kleidung tragen, die Männer gelbe Hüte, die Weiber ebensolche Schleier. Sie haben auch eine Synagoge, müssen aber alle Wochen einen Mönch darin predigen lassen. Endlich wird noch die Seidenmanufaktur bewundert; in einer Fabrik gewahren sie bereits eine Maschine, in welcher viele hundert Spindeln von einem einzigen Mädchen bedient werden.

Ueber Orange, das damals dem Prinzen von Nassau gehörte und durch römische Alterthümer bemerkenswerth ist, Valence und Vienne gelangt man am 30. April nach Lyon, woselbst wieder längerer Aufenthalt stattfindet. Es wird für 16 Thaler monatlich eine Pension genommen, wo sich bereits acht Leipziger Kaufmannssöhne aufhalten und zwei Holländer. Auch wird wieder ein Sprachmeister engagirt. Die Sehenswürdigkeiten werden nach Gebühr bewundert. In einer Kirche bemerkt man viele Statuen von Aposteln und Heiligen, denen die Reformirten allen die Köpfe abgeschlagen haben, nur Johannes der Täufer war verschont geblieben[WS 1]. Auch ein künstliches Uhrwerk sollten die Reformirten verderbt haben.

Die Reisenden bleiben in Lyon drei Monate und reisen erst am 2. August wieder ab. Am 4. kommen sie in Genf an, wo sie wieder Pension nehmen für den unerhört billigen Preis von 11 Thaler monatlich. (Heute sollen sie theurer sein.) Natürlich wird auch der Genfer See befahren und zwar mit zwei Schiffen, von denen sie das eine zum Fischen, das andere zum Schnepfenschießen gebrauchen. Sie sind auch so glücklich, zwei Hechte zu fangen. Von der wundervollen Umgebung, die allerdings auf dem beigegebenen Kupferstiche ganz absonderlich aussieht, weiß Griebe nichts zu melden; es heißt nur: „Der Lac hatt durchgehendes hell Waßer und soll an die 600 Klafftern tieff auch an unterschiedlichen Orten ohne Grund gefunden werden, führet sehr schöne undt grose Fische insonderheit aber Forellen; Wie dann König Heinrico Quarto von denen Genffern eine Forelle geschencket worden, welche 60 Pf. gewogen haben soll. Dieser Lac theilet auch Sovoy und Franckreich von der Schweiz ab.“ Im Uebrigen ist noch bemerkenswerth, daß in der Bibliothek alle Bücher an Ketten liegen, dafür steht sie aber offen, so daß ein Jeder sich ihrer bedienen kann.

Ziemlich der ganze August wird in Genf verbracht. Am 29. bricht man auf in der Richtung nach Turin, wohin ein Fuhrwerk gemiethet worden ist, das 102 Thaler 16 Groschen kostet. Sie reiten aber gleichwohl. Es geht hinein in die erhabene Alpenwelt Savoyens. Was aber Griebe davon zu rühmen weiß, ist weiter nichts als Folgendes. In der Nähe von Remilly „haben wir sehr bösen steinigten Weg gehabt und La montagne de Ton, welches ein sehr hoher Berg ist, gesehen“. Bei Chambéry heißt es: „hier unterwegens giebet es sehr viel Waßerfälle, von hohen Bergen“, die ihm aber entschieden bei Weitem nicht so imponiren, wie die Springbrunnen und Wasserkünste der französischen Schlösser. Sie gelangen nach Grénoble, von wo sie über sehr rauhe und steinige Berge bis zur Grande Chartreuse reiten. Sie werden eingelassen, müssen Pistolen und Degen abgeben und werden in das deutsche Gemach geführt, wo sie aber miserabel genug gespeist werden, „in deme einem ieden unter uns auff einem Teller ein stücklein Eyer Kuchen, zwey Finger breit, zwey Löffel Rabunzel Salade, soviel Grün Kraut und ein stücklein Käse auch zwey Finger breit, zur Abendmahl Zeit gereichet und schlechter sehr wäßer reicher Wein eingeschencket wurde.“ „Alß es nun zum Schlaffen ginge, zogen die Fratres zwey nicht gar grose und noch zwey kleinere Betten aus den Wänden, welche wie Schräncke verkleidet wahren, heraus, in welche sich unserer Sieben legen und ich selbst Ander, nicht wenig incommodiret, schlaffen muste.“ Am anderen Tage besehen sie das Kloster, werden auch zum Ordensgeneral gelassen, der sie freundlich empfängt. Sie besehen auch

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: gebieben
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/268&oldid=- (Version vom 29.7.2024)