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getödtet, item der Vice-Commandant selbst, der von Reisewitz, kläglich verschüttet und um sein Leben gebracht worden, ist leider Ew. Exc. durch den genommenen Augenschein bekannt geworden und wäre zu wünschen, der große Gott würde, nachdem er mit dergleichen Heimsuchen nicht nur Königstein, Pleißenburg und andere Orte bereits besuchet, es genug sein lassen, wie wir dann denselben herzlich darum ersuchen, unser armes Dresden vor dergleichen Unglück zu bewahren, dahin mein Dichten und Trachten Tag und Nacht gerichtet ist, alle praecautiones zu beobachten, wenn es nur zureichen wollte, und muß Ew. Exc. klagen, wie sogar der Generaladjutant Schmidtgrabner ohne Unterschied die Königl. Bau- und Zeugpferde wider dero Wissen und Willen pfleget aus den Ställen zu ziehen und an Privatarbeit anzulegen, da ihm doch öfters untersagt worden ist, sich doch hierin zu menagiren und zu betrachten, daß diese Pferde fürnehmlich um Feuersgefahr willen unterhalten würden und wenigstens Tag und Nacht 2 Paar in den Ställen beibehalten werden müssen; dessen ungeachtet kehrt er sich daran nicht und da er heut sämmtliche 8 Pferde weggenommen, nicht meldende, wann derselbe retour, habe ihn fragen lassen, ob es denn mit Ihrer Exc. Willen und Wissen geschehen, er mir Antwort gegeben: er müsse die Pferde haben – welches ich an seinen Ort gestellt sein lasse. Ist es Ew. Exc. Befehl, wohl, gut, werde ich nicht zuwider sein, geschieht es aber contra dero imperio, hoffe ich, Sie werden eine solche disposition treffen, daß es mir zu keiner Verantwortung gereiche, Ew. Exc. auch selbsten keinen Nachtheil imputirt werde, ich habe es bei dem Sonnensteinschen malheur erinnern wollen etc.“ Bereits nach 2 Tagen, am 10. August, schreibt er abermals: „Der Schirrmeister Andreas referirte mir vorgestern Abends 9 Uhr, als ihm der Generaladjutant Schmidtgrabner befehlen lassen, alle 8 Pferde herzugeben, um damit nach Sedlitz zu fahren. Ich aber besagten Generaladjutant durch ihn befragen ließ, ib denn dies Sr. Exc. expresser Befehl wäre, daß gar kein Pferd hier bleiben sollte, mit der Vorstellung, man hätte itzo das klägliche Exempel zu Sonnenstein, die Gewitter stünden noch am Himmel und lassen sich hören und könnte auch hier leicht ein Unglück entstehen, man hätte sodann nicht ein Pferd, eine Schleife mit Wasser oder eine Spritze zuführen zu können; hätte nun Se. Exc. es expresse befohlen, wäre es alles gut und ich hätte nichts zu erinnern, thäte er es aber vor sich, so könnte er auch leicht die Verantwortung auf sich nehmen. Darauf hat er zur Antwort gegeben: Wir müssen sie haben, er thäte es vor sich nicht, es blieben noch Pferde genug in der Stadt, er müßte noch Lohn- und Postpferde dazu nehmen. Darauf sind auch alle 8 Pferde fortgeschickt worden, jedoch Abends nach 9 Uhr alle wieder gekommen.“

Hierüber weist aber General Schmidt noch eine Menge von Schanzzeug und anderen Utensilien nach, welche der General Graf Wackerbarth aus den Beständen des Hauptzeughauses entnommen haben soll. Er stellt eine Rechnung auf, nach welcher 160 Schaufeln, 44 Spaten, 96 Radehauen, 60 Keilhauen, 5 Aexte, 31 Beile, 3 Sägen und eine ungezählte Menge von eichenen Bohlen, Pfosten, Balken, Brettern etc. zum Bau des Schlosses in Sedlitz und des dortigen Gartens entnommen worden sind und welche sich zum Schaden des Grafen Wackerbarth in den Jahren 1720–26 auf die Summe von 3171 Thlr. 22 Gr. beläuft.

Die Frage liegt sehr nahe, was wohl den General Schmidt veranlaßt haben kann, eine so detaillierte Rechnung über alles das aufzustellen, was Graf Wackerbarth entnommen hat. Wenn wir auch annehmen wollen, daß General Schmidt aus Gewissenhaftigkeit alles gebucht und verrechnet hat, um, wie er mehrmals selber angiebt, von aller Verantwortlichkeit entlastet zu sein, da er stets nur den direkten Befehl seines Vorgesetzten befolgt hat, so muß doch auch noch ein anderer Umstand in Rechnung gezogen werden. Schmidt trachtete danach, die Stelle des Obersthaus- und Landzeugmeisters zu erhalten. Der Nachweis, daß Graf Wackerbarth das Hauptzeughaus mißbrauchte und schädigte, sollte wohl dazu dienen, daß man diesem das Kommando nehmen und es an Schmidt übertragen sollte, der es jedenfalls, nach seiner Ansicht, gewissenhafter führen würde. Dies ist ihm nun nicht gelungen; auch nachdem Graf Wackerbarth 1734 gestorben war, wurde nicht Schmidt, sondern der direkt unter diesem stehende General Obmaus Obersthaus- und Landzeugmeister.

Das führt nun aber noch zu weiteren Vermuthungen. Graf Wackerbarth war ein sehr vornehmer und wohlhabender Herr, der es kaum nothwendig hatte, Pulver und Blei aus den Beständen des Hauptzeughauses umsonst zu entnehmen, sich die Hacken und Schaufeln zum Bau seines Gartens umsonst liefern zu lassen und sich Pferde und Wagen von der Artillerie zu borgen. Der Verdacht liegt daher nahe, daß er alle diese Dinge bezahlt hat, das Geld aber von seinen Leuten unterschlagen worden ist. Spielen doch die geschilderten Vorgänge in einer Zeit, in welcher vom Kabinetsminister an bis herab zum Küchenjungen alles bestechlich war und jeder stahl und betrog!



Herausgeber Dr. Otto Richter, Rathsarchivar in Dresden, Kreuzstraße 10. – Druck und Verlag von Wilhelm Baensch in Dresden.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/251&oldid=- (Version vom 21.7.2024)