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Von Interesse dürfte ein Blick auf das Alter aller im Hauptzeughause Angestellten sein, wie es aus der Musterrolle von 1723, die einen etwas veränderten Personalbestand aufweist, ersichtlich ist. Von den zum Stabe gehörenden Offizieren und Beamten war der Adjutant der jüngste mit 30 Jahren, dann aber war der nächst ältere bereits 40 Jahre, die anderen 50, 60, der älteste 73 Jahre.

Bei der Artillerie-Leibkompagnie war der Hauptmann 65, der Premierleutnant 53, der Sousleutnant 72 Jahre, die 12 Feuerwerker zwischen 58 und 79 Jahren, die 4 Korporale bis zu 48 Jahren, 48 Kanoniere zwischen 25 und 64 Jahren, 12 Schneller zwischen 33 und 62 Jahren; ferner waren die Werkleute zwischen 30 und 69 Jahren, der Schirrmeister 80 Jahre, die 4 Wagenknechte 38–70, der Profos 36, die 4 Festungsknechte 37–55 Jahre.

Man wird es begreiflich finden, daß bei einem aus so verschiedenartigen Elementen zusammengesetzten Truppenkörper, dessen einzelne Mitglieder zum kleinsten Theil unter 40 Jahren, zum größeren Theil über 40 Jahre, ja sogar bis zu 80 Jahren alt waren, von militärischem Geist keine Rede sein konnte, das Ganze hatte den Charakter einer Zunft an sich. Als der General Graf Wackerbarth 1705 das Kommando über dieses Korps übernahm, dem hauptsächlich die Aufbewahrung der Geschütze, aller anderen Handfeuerwaffen, Ausrüstung, Munition, Pulverfabrikation etc. übertragen war, traten außerdem noch hinzu die gesammte Artillerie, die Roßpartei und die Baugefangenen. Bei allen diesen Abtheilungen aber herrschten Zustände, die uns heute fast unglaubhaft erscheinen.

I. Die Artillerie bestand aus der bereits erwähnten Hauskompagnie, auch Leibkompagnie oder Hauptmann Richters – der Zeughauptmann war – Kompagnie, dann aus der Feldartillerie, nämlich dem Stabe zu 15 Mann, und 3 Kompagnien: Schumann, Weise und Probst, zu 86 Mann, einer Pontonierkompagnie zu 40 Mann und einer Handwerkerkompagnie zu 30 Mann. Dieser Sollbestand war aber bei keiner Abtheilung erreicht, sondern es fehlten beim Stabe 11, bei Richter 56, Schumann 60, Weise 32, Probst 22, den Pontonieren 1, den Handwerkern 17 Mann, so daß an dem Gesammtbestande von 429 Mann nicht weniger denn 199 Mann mangelten, daher nur 230 Mann vorhanden waren.

Mit Ergänzung dieser vakanten Stellen beeilte man sich keineswegs, denn das Geld für dieselben floß in die Tasche der Kompagnie-Kommandanten, von denen es entweder zum eigenen Nutzen oder auch wieder zur Werbung neuer Mannschaft verwendet wurde. Die Neubesetzung vakanter Offiziers- und Unteroffiziersstellen genehmigte auf Vorschlag der Obersthaus- und Landzeugmeister, doch auch dieser beeilte sich nicht allzusehr damit.

Darüber, wie es im Innern der Kompagnien ausgesehen haben mag, giebt uns eine im Kriegsarchiv vorhandene Ordre des Grafen Wackerbarth Aufschluß, welche er am 28. November 1707 erließ, nachdem er die Artillerie-Kompagnien einer eingehenden Besichtigung unterzogen hatte. Sie lautet:

„Mit besonderem und höchstem Verdruß habe ich bei meiner itzigen Anwesenheit sehen und erfahren müssen, wie mal habilement die Kgl. Artillerie sowohl bei der Leib- als denen anderen 3 Feldcompagnien beschaffen, inmaßen nicht nur unansehnliche, kleine, blöde, ungeschickte Leute, sondern auch Invaliden und Kranke darunter zu befinden, mit welchen die Königlch Dienstleistungen der Gebühr nach nicht versehen, weniger die Offiziers versichert sein können, daß bei ereigneter action ihnen schuldige assistence geleistet und das Kglch. hohe Interesse dadurch befördert und in Acht genommen werden möge. Alldieweilen aber Se. Kglch. Majestät nächst Anwendung einer eifrigsten Sorgfalt und Mühe, gleichwohl ein so hohes Geld darauf gewendet, daß nicht nur brave, geschickte, mannhafte und gesunde Leute angeworben, sondern ihnen auch, nach dem Unterschied der Proben, die Artillerie-Kunst fideliter unterwiesen, desgleichen sämmtliche Compagnien allzeit in solchen Flor und capacitet conserviret und erhalten werden sollen, daß Kglch. Majestät ehe und allewege ihrer guten Wissenschaft und treuen Dienste sich versichern, der Offizier aber davon Ehr und Ruhm haben und erlangen möge. Nun aber dieses ermangelt und weder Kglch. Majestät Nutzen und Dienst noch des Offiziers Gloir von diesen schlechten Leuten zu vermuthen, – Als wolle der Herr Oberzeugmeister denen Capitäns diesen meinen Mißfallen hierüber intimiren und dann durch alle Compagnien ein solche Riforma anstellen, daß alle dergleichen kleine, ungeschickte, blöde und invalide Leute ausgemustert und dagegen von den Capitäns andere, wohlgestalte, geschickte und ansehnliche Kerls an deren Stelle wiederum angeworben, auch denenselben die Artillerie soviel ein Kanonier und Feuerwerker zu wissen von Nöthen und zwar beides, sowohl die Anwerbung als die Lehre auf ihre der Capitäns Unkosten solcher Gestalt unterwiesen werden möge, damit zu Ende Martii nächstkommenden 1708. Jahres ein jeder Capitän seine Compagnie komplet habe und zur Musterung parat sei“ u. s. w.

Gegen diese Verordnung remonstrirten die Kapitäns der Artillerie in einer Eingabe vom 10. Dezember 1707 und baten:

1. daß die Musterliste, wie bisher, allemal nach dem Effektivstande, also hinfüro und vom 1. Oktober 1707 bis ultimo März 1708 nach dem Completstande


Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/245&oldid=- (Version vom 21.7.2024)